Kapitel III - Geister in halbguter Lage
Joseph Bré
1840 gestorben, 1862 in Bordeaux von seiner Enkelin gerufen
Der Rechtschaffene nach göttlichem oder menschlichem Maßstab
Frage: Lieber Großvater, wollen Sie mir sagen, wie es Ihnen unter den Geistern ergeht und mir einige lehrreiche Details für unser Fortkommen geben?
Antwort: Alles, was Du möchtest, mein liebes Kind. Ich büße meinen Mangel an Glauben, aber die Güte Gottes ist groß. Er berücksichtigt die Umstände. Ich leide, nicht wie du es verstehen könntest, sondern durch das Bedauern, meine Zeit auf Erden nicht gut genutzt zu haben.
Frage: Wieso haben Sie die Zeit nicht gut genutzt? Sie haben immer wie ein rechtschaffener Mann gelebt.
Antwort: Ja, vom Standpunkt menschlicher Beurteilung aus betrachtet. Aber es liegt ein Abgrund zwischen dem Rechtschaffenen aus menschlicher Sicht und dem Rechtschaffenen in Gottes Augen. Du willst lernen, liebes Kind. Ich will versuchen, dich den Unterschied zwischen beiden fühlen zu lassen.
Unter euch wird man für einen rechtschaffenen Menschen gehalten, wenn man die Gesetze seines Landes beachtet, eine für viele dehnbare Beachtung; wenn man seinem Nächsten nicht Unrecht dadurch tut, dass man ihm sichtbar sein Gut nimmt. Aber man nimmt ihm oft bedenkenlos seine Ehre, sein Glück, sobald eben das Strafgesetz oder die öffentliche Meinung den mit Schuld beladenen Heuchler nicht erreichen kann. Wenn man auf seinen Grabstein die Lobpreisungen von Tugenden setzen lassen konnte, die man hervorhebt, so glaubt man, seine Schuld gegenüber der Menschheit bezahlt zu haben. Welch ein Irrtum! Um rechtschaffen vor Gott zu sein, genügt es nicht, dass man die Gesetze der Menschen nicht verletzt hat. Man darf vor allem die göttlichen Gesetze nicht übertreten haben.
Ein rechtschaffener Mensch in Gottes Augen ist derjenige, der sein Leben voller Hingabe und Liebe dem Guten und dem Fortschritt seiner Mitmenschen widmet. Derjenige, der beseelt von zielbewusstem Eifer in seinem Leben aktiv ist, aktiv in der Erfüllung der irdischen Aufgabe, die ihm auferlegt ist; denn er soll seinen Mitmenschen die Liebe zur Arbeit lehren: aktiv in guten Werken; denn er darf nicht vergessen, dass er nur ein Diener ist, von dem der Herr eines Tages Rechenschaft fordern wird über den Gebrauch seiner Zeit; aktiv in der Verfolgung des Zwecks; denn er soll mit gutem Beispiel vorangehen in der Liebe zum Herrn und zum Nächsten. Wer ein in Gottes Augen rechtschaffener Mensch sein will, muss mit Sorgfalt jene beißenden Worte vermeiden, die ein unter Blumen verstecktes Gift sind, das die Achtung zerstört und den inneren Menschen oft tötet, indem sie ihn lächerlich macht. Wer ein in Gottes Augen rechtschaffener Mensch sein will, muss immer das Herz verschlossen halten für den geringsten Keim von Hochmut, Neid und Ehrgeiz. Er muss geduldig und sanft mit denen umgehen, die ihn angreifen. Er soll aus tiefstem Herzen, ohne Anstrengung und vor allem ohne es zur Schau zu stellen, jedem verzeihen, der ihn beleidigt hat. Er muss seinen Schöpfer lieben in allen seinen Geschöpfen. Und er muss jene so prägnante und große Zusammenfassung der menschlichen Pflichten ausüben: Gott lieben über alles und seinen Nächsten wie sich selbst.
Das, mein liebes Kind, ist mehr oder weniger das, wie der Mensch sein muss, um in Gottes Augen rechtschaffen zu sein. Nun denn! Habe ich all das getan? Nein! Viele dieser Bedingungen habe ich nicht erfüllt und bekenne es hier, ohne zu erröten. Ich bin nicht so aktiv gewesen, wie es der Mensch sein soll. Die Gottesvergessenheit hat mich zu anderen Vergessenheiten hingerissen, die, auch wenn sie nicht dem menschlichen Gesetz unterliegen, dennoch ein Vergehen am Gesetz Gottes sind. Ich habe genug darunter gelitten, als ich es gemerkt habe. Das ist der Grund, weshalb ich heute Hoffnung habe, aber jene tröstende Hoffnung auf die Güte Gottes, der meine Reue sieht. Sag es, mein liebes Kind; berichte es denen, die ein belastetes Gewissen haben. Mögen sie ihre Verfehlungen mit guten Werken bedecken, und die göttliche Barmherzigkeit wird ans Licht treten. Gottes väterliche Augen
werden die Sühnen zählen und seine mächtige Hand wird die Fehltritte auslöschen.
Frau Helene Michel
Eine junge Frau im Alter von 25 Jahren starb plötzlich innerhalb einiger Minuten, zuhause, ohne Leiden und ohne bekannte vorherige Ursache. Sie war reich, ein wenig leichtsinnig und beschäftigte sich wegen ihrer Leichtfertigkeit mehr mit den Nebensächlichkeiten des Lebens als mit ernsten Dingen. Trotzdem war ihr Herz gut. Sie war sanft, wohlwollend und liebevoll. Drei Tage nach ihrem Tod von Leuten angerufen, die sie kannten, äußerte sie sich wie folgt:
lch weiß nicht, wo ich bin ... welch ein Durcheinander mich umgibt! ... Ihr habt mich gerufen und ich komme ... Ich begreife nicht, warum ich nicht zu Hause bin ... man trauert um mich wie um eine Abwesende, aber ich bin doch da. Ich kann mich bloß nicht allen erkennbar machen. Mein Körper gehört mir nicht mehr und dennoch fühle ich ihn kalt und eisig. Ich will ihn verlassen, aber bin daran gefesselt. Ich komme immer wieder zu ihm zurück. Ich bin zwei Wesen … Oh, wann werde ich begreifen, was mit mir geschieht? Ich muss wieder da hinuntergehen ... mein armes Ich, was sollte aus ihm werden, wenn ich, ich abwesend? Gott sei mit euch!
Bemerkung: Hier zeigt sich das Gefühl der Dualität, das durch die vollständige Trennung noch nicht zerstört ist. Da sie wenig ernster Natur war, so musste ihre Vermögenslage, die ihr erlaubte, ihre Launen zu befriedigen, ihre Neigung zum Leichtsinn begünstigen. Es ist darum nicht verwunderlich, dass Ihre Befreiung nur langsam erfolgte und sie sich drei Tage nach ihrem Tod noch immer an ihre körperliche Hülle gebunden fühlte. Da bei ihr aber kein ernsthaftes Laster vorhanden und der Kern ihres Herzens gut war, so war ihre Situation nicht sehr schmerzhaft und dauerte nicht sehr lange. Einige Tage später noch einmal angerufen, hatten sich ihre Vorstellungen bereits stark verändert. Hier ist, was sie sagte:
“lch danke euch, dass ihr für mich gebetet habt. Ich erkenne die Güte Gottes an, der mir die Leiden und die Angst zum Zeitpunkt der Trennung meines Körpers und meines Geistes erspart hat. Es wird meiner armen Mutter recht schwerfallen, sich in ihr Schicksal zu fügen. Aber sie wird Hilfe erhalten. Das, was in ihren Augen ein schreckliches Unglück ist, war unerlässlich, damit die himmlischen Dinge für sie würden, was sie sein sollen: alles. Ich werde bis ans Ende ihrer irdischen Prüfung bei ihr sein und ihr helfen, sie zu ertragen. Ich bin nicht unglücklich, aber ich habe noch viel zu tun, um zu einem glücklichen Dasein voranzuschreiten. Ich will Gott um Erlaubnis bitten, auf diese Erde zurückzukehren. Denn ich habe die Zeit nachzuholen, die ich in dieser Existenz verloren habe. Möge der Glaube euch aufrecht halten, meine Freunde. Habt Vertrauen in die Wirksamkeit des Gebetes, dann, wann es wirklich von Herzen kommt! Gott ist gut.”
Frage: Brauchte es lange Zeit, bis Sie Klarheit gewannen?
Antwort: Ich habe den Tod an dem Tag noch begriffen, an dem ihr für mich gebetet habt.
Frage: War dieser Zustand der Verwirrung schmerzhaft?
Antwort: Nein, ich habe nicht gelitten. Ich glaubte zu träumen und wartete darauf aufzuwachen. Mein Leben war nicht frei von Schmerzen, aber jedes hier inkarnierte Wesen muss leiden. Ich habe mich dem Willen Gottes ergeben, und er hat es mir angerechnet. Ich bin dankbar für eure Gebete, die mir geholfen haben, mir bewusst zu werden. Danke! Ich werde immer mit Freuden wiederkommen. Lebt wohl!
Helene
Der Marquis von Saint-Paul
gestorben 1860, angerufen auf Bitten seiner Schwester, Mitglied der spiritistischen Gesellschaft von Paris, am 16. Mai 1861.
Anrufung.
Antwort: Hier bin ich.
Frage: Ihre Schwester hat uns gebeten, Sie anzurufen, obwohl sie selbst Medium ist, aber sie ist noch nicht ausreichend ausgebildet, um sich ihrer sicher zu sein.
Antwort: Ich werde versuchen, so gut ich kann zu antworten.
Frage: Sie möchte vor allem wissen, ob Sie glücklich sind.
Antwort: Ich bin ein Wanderer, und dieser vorübergehende Zustand bringt nie volles Glück, noch andererseits nur Strafe mit sich.
Frage: Brauchten Sie lange, bis Sie sich wiedererkannten?
Antwort: Ich bin lange in der Verwirrung geblieben und nur durch das Mitleid derer daraus losgekommen, die mich nicht vergaßen und für mich beteten.
Frage: Können Sie die Dauer dieser Verwirrung abschätzen?
Antwort: Nein.
Frage: Welche Ihrer Verwandten haben Sie gleich zu Beginn wiedererkannt?
Antwort: Wiedererkannt habe ich meine Mutter und meinen Vater, die mich beide beim Aufwachen empfangen haben. Sie haben mich ins neue Leben eingeweiht.
Frage: Wie kommt es, dass Sie am Ende Ihrer Krankheit mit denen zu sprechen schienen, die Sie auf Erden geliebt hatten?
Antwort: Weil ich vor meinem Tod eine Offenbarung von der Welt hatte, die ich zukünftig bewohnen würde. Ich war hellsichtig, bevor ich starb. Meine Augen haben sich beim Durchschreiten der endgültigen Trennung des Körpers getrübt, weil die fleischlichen Bindungen noch sehr stark waren.
Frage: Wie kommt es, dass vor allem Ihre Kindheitserinnerungen zu Ihnen zurückzukommen scheinen?
Antwort: Es geschah, weil der Anfang dem Ende näher ist, als die Mitte des Lebens.
Frage: Wie verstehen Sie das?
Antwort: Das will sagen: die Sterbenden erinnern sich und sehen, ähnlich wie in einer trostreichen Spiegelung, die jungen und reinen Lebensjahre.
Bemerkung: Es rührt wahrscheinlich von einem gleichen, durch die Vorsehung bewirkten Umstand her wie bei den alten Menschen, die, wenn sie sich dem Ende ihres Lebens nähern, manchmal eine so genaue Erinnerung an die kleinsten Details ihrer ersten Lebensjahre haben.
Frage: Warum haben Sie immer in der dritten Person gesprochen, wenn Sie über Ihren Körper gesprochen haben?
Antwort: Weil ich sehend war, wie gesagt, und ich deutlich die Unterschiede zwischen dem Körperlichen und dem Geistigen fühlte. Diese Unterschiede, die durch den Lebensstrom miteinander verbunden sind, treten in den Augen hellsehender Sterbender scharf hervor.
Bemerkung: Dies ist eine eigenartige Besonderheit, die der Tod dieses Herrn darstellt. In seinen letzten Augenblicken sagte er immer: "Er hat Durst, man muss ihm zu trinken geben; er friert, man muss ihn wärmen; er leidet da und da, usw." Und als sie zu ihm sagten: "Aber Sie sind es ja, die Durst haben", so antwortete er: "Nein, er ist es". So sind die beiden Daseinsgestalten vollkommen umrissen. Das denkende "Ich" ist im Geist und nicht im Körper. Der Geist, der bereits teilweise losgelöst war, betrachtete seinen Körper als eine andere Individualität, die streng genommen nicht seine eigene war. Daher musste man seinem Körper zu trinken geben und nicht ihm, dem Geist. Dieses Phänomen wird auch bei einigen Hellsehenden beobachtet.
Frage: Was Sie von Ihrem Zustand und von der Dauer Ihrer Verwirrung gesagt haben, würde zu der Annahme führen, dass Sie nicht sehr glücklich seien, und doch sollten Ihre Eigenschaften dazu führen, das Gegenteil anzunehmen. Es gibt übrigens umherirrende Geister, die glücklich sind, genauso wie es unglückliche gibt.
Antwort: Ich befinde mich in einem Übergangszustand. Menschliche Tugenden erhalten hier ihren wahren Wert. Zweifellos ist mein Zustand dem der irdischen Inkarnation tausendmal vorzuziehen, aber ich habe immer das Streben nach dem wahren Guten und wahren Schönen in mir getragen und meine Seele wird erst zufrieden sein, wenn sie zu den Füßen ihres Schöpfers hinfliegt.
Herr Cardon, Arzt
Herr Cardon hatte einen Teil seines Lebens als Arzt in der Handelsmarine eines Walfängers verbracht und da ein wenig materielle Gewohnheiten und Vorstellungen angenommen. Nachdem er sich in das Dorf J. zurückgezogen hatte, übte er dort den bescheidenen Beruf des Landarztes aus. Seit einiger Zeit war er sich sicher, dass er an einer übermäßigen Vergrößerung des Herzens litt, und da er wusste, dass diese Krankheit unheilbar war, versetzte ihn der Gedanke an den Tod in eine tiefe Depression, von der ihn nichts ablenken konnte. Ungefähr zwei Monate später sagte er sein Ende an einem bestimmten Tag voraus. Als er sich dem Tode nahe sah, versammelte er seine Familie um sich, um ein letztes Lebewohl zu sagen. Seine Frau, seine Mutter, seine drei Kinder und andere Verwandte waren um sein Bett versammelt. In dem Moment, als seine Frau versuchte, ihn aufzurichten, bog er sich, wurde braun und blau, seine Augen schlossen sich und man hielt ihn für tot. Seine Frau setzte sich vor ihn, um ihren Kindern diesen Anblick zu ersparen. Nach ein paar Minuten öffnete er seine Augen wieder, seine Gestalt, sozusagen durchleuchtet, nahm einen Ausdruck strahlender Glückseligkeit an, und er rief aus: “Oh, meine Kinder, wie schön! Wie erhaben! Oh, der Tod! Was für eine Wohltat! Was für eine süße Sache! Ich war tot und ich fühlte, wie meine Seele sich sehr hoch erhob, sehr hoch. Aber Gott hat mir erlaubt zurückzukommen, um euch zu sagen: Fürchtet den Tod nicht, er ist die Befreiung. Warum kann ich euch nicht die Großartigkeit dessen beschreiben, was ich gesehen habe und die Eindrücke, von denen ich mich durchdrungen fühlte. Aber ihr würdet es nicht begreifen können. Oh, meine Kinder, verhaltet euch immer so, dass ihr dieses unaussprechliche Glück verdient, welches guten Menschen vorbehalten ist. Lebt nach der Nächstenliebe. Wenn ihr etwas habt, gebt einen Teil davon denen, die Mangel am Nötigen haben. Meine liebe Frau, ich lasse dich in einer unglücklichen Lage zurück. Man ist uns Geld schuldig, aber ich flehe dich an, quäle die nicht, die uns schuldig sind. Wenn sie in Schwierigkeiten sind, warte, bis sie die Schuld abtragen können. Und die, die es nicht können, bringe ein Opfer an ihnen. Gott wird dich dafür belohnen. Du, mein Sohn, arbeite, um deine Mutter zu unterstützen. Sei immer ein ehrlicher Mann und hüte dich davor, etwas zu tun, was unsere Familie entehren könnte. Nimm dieses Kreuz, das von meiner Mutter kommt. Verlier es nicht; es wird dich immer an meine letzten Ratschläge erinnern. Meine Kinder, helft und unterstützt euch gegenseitig. Frieden herrsche unter euch. Seid weder eitel noch stolz. Verzeiht euren Feinden, wenn ihr wollt, dass Gott euch verzeiht. Dann ließ er seine Kinder näher treten, streckte ihnen seine Hand entgegen und fügte hinzu: “Meine Kinder, ich segne euch.“ Und seine Augen schlossen sich diesmal für immer. Aber sein Gesicht behielt einen so eindrucksvollen Ausdruck, dass bis zur Stunde seiner Beerdigung eine große Menschenmenge kam, um ihn mit Bewunderung zu betrachten.
Diese bemerkenswerten Angaben sind uns von einem Freund seiner Familie übermittelt worden und so dachten wir, dass eine Anrufung für alle lehrreich und gleichzeitig für den Geist nützlich sein könnte.
Anrufung. – Antwort: Ich bin bei Ihnen.
Frage: Man hat uns Ihre letzten Augenblicke berichtet, die uns mit Bewunderung erfüllt haben. Wären Sie so gut, uns noch besser, als Sie es getan haben, zu beschreiben, was Sie gesehen haben in der Zeit zwischen den Erlebnissen, die man als Ihre beiden Tode bezeichnen könnte.
Antwort: Was ich gesehen habe, würdet ihr es verstehen können? Ich weiß es nicht, denn ich kann keine Ausdrücke finden, die geeignet wären verständlich zu machen, was ich in den wenigen Augenblicken sehen konnte, in denen ich meinen sterblichen Körper verlassen konnte.
Frage: Sind Sie sich klar darüber, wo Sie gewesen sind? War es weit von der Erde, auf einem anderen Planeten oder im Weltall?
Antwort: Der Geist kennt nicht den Wert solcher Entfernungen, wie Ihr sie euch vorstellt. Hingerissen von ich weiß nicht welcher wundersamen Triebkraft, sah ich die Pracht eines Himmels, wie ihn nur unsere Träume verwirklichen könnten. Dieses Durcheilen der Unendlichkeit geschah so schnell, dass ich die Augenblicke, die mein Geist dafür gebraucht hat, nicht genau bestimmen kann.
Frage: Genießen Sie derzeit das Glück, das Sie erblickt haben?
Antwort: Nein, ich würde es gerne genießen können, aber Gott kann mich nicht so belohnen. Ich habe mich zu oft gegen die segensreichen Gedanken, die mein Herz mir eingab, aufgelehnt, und der Tod schien mir eine Ungerechtigkeit. Als ungläubiger Arzt hatte ich aus der Heilkunst eine Abneigung gegen die zweite Natur gezogen, die die Quelle für unsere göttliche Geistesbewegung ist. Die Unsterblichkeit der Seele war für mich eine Einbildung, die geeignet war, weniger gebildete Menschen zu verführen. Nichtsdestoweniger schreckte mich die Leere, denn ich habe manches Mal jene geheimnisvolle Triebkraft verwünscht, die immer und immer Staunen erweckt. Die Philosophie hatte mich in die Irre geführt, ohne mich die ganze Größe des Ewigen begreifen zu lassen, der Schmerz und Freude für den Lernprozess der Menschheit zu verteilen weiß.
Frage: Sind Sie sich zur Zeit Ihres wirklichen Todes gleich bewusst gewesen?
Antwort: Nein, klar bin ich mir erst während des Übergangs geworden, den mein Geist durchmachte, um die überirdischen Orte zu durcheilen, aber nicht nach dem wirklichen Tode. Es hat zu meinem Erwachen mehrere Tage gebraucht.
Gott hatte mir eine Gnade gewährt. Ich will euch den Grund dafür nennen:
Meine erste Ungläubigkeit war nicht mehr vorhanden. Vor meinem Tod hatte ich bereits geglaubt, denn nachdem ich die schwere Materie, die mir den Untergang bereitete, wissenschaftlich untersucht hatte, fand ich am Ende der irdischen Berechnungen nur die göttliche Berechnung. Er hat mich geleitet, getröstet, und mein Mut war stärker als der Schmerz. Ich segnete, was ich verflucht hatte. Das Ende schien mir die Befreiung. Der Gedanke an Gott ist so groß wie die Welt! Oh, welch hoher Trost liegt im Gebet, das solch unaussprechliche reine Empfindungen weckt. Es ist der sicherste Beleg unserer nicht materiellen Natur. Durch das Gebet habe ich begriffen, in fester, selbständiger Weise zu glauben begonnen. Dafür hat Gott, der auf meine Taten achtete, die ich segnete, mich gütig belohnt, bevor meine Inkarnation zu Ende ging.
Frage: Könnte man sagen, dass Sie beim ersten Mal tot waren?
Antwort: Ja und nein! Nachdem der Geist den Körper verlassen hatte, starb das Fleisch natürlich ab. Aber als ich von meinem irdischen Zuhause wieder Besitz ergriff, ist wieder Leben in den Körper gekommen, der einen Übergang, einen Schlaf durchgemacht hatte.
Frage: Fühlten Sie zu diesem Zeitpunkt die Bande, die Sie an Ihren Körper fesselten?
Antwort: Allerdings! Der Geist hat ein schwer zu zerreißendes Band. Es muss ein letztes Erzittern des Fleisches da sein, um ihm die Rückkehr ins körperliche Leben zu ermöglichen.
Frage: Wie kommt es, dass sich Ihr Geist während Ihres scheinbaren Todes für einige Minuten sofort und ohne Verwirrung losmachen konnte, während dem wirklichen Tod eine mehrtägige Verwirrung gefolgt ist? Es scheint, dass im ersten Fall die Bindungen zwischen der Seele und dem Körper stärker bestanden als im zweiten und deshalb die Loslösung hätte langsamer sein müssen, aber genau das Gegenteil ist passiert.
Antwort: Sie haben oft die Anrufung eines inkarnierten Geistes gemacht und haben wirkliche Antworten von ihm erhalten. Ich war in der Verfassung dieser Geister. Gott rief mich und seine Diener hatten zu mir gesagt: "Komm!" Ich gehorchte und ich danke Gott für die besondere Gnade, die er mir in seiner Güte erwiesen hat. Ich war in der Lage, die Unendlichkeit seiner Größe zu sehen und zu realisieren. Hab Dank, oh Gott, dass du mir vor dem wirklichen Tod erlaubt hast, die Meinigen zu unterweisen, damit sie gute und gerechte Inkarnierte sein können.
Frage: Woher kamen Ihnen die schönen und guten Worte, die Sie zur Zeit Ihrer Rückkehr ins Leben an Ihre Familie gerichtet haben?
Antwort: Sie waren das Spiegelbild von dem, was ich gesehen und gehört hatte; die guten Geister verliehen mir Stimme und belebten mein Gesicht.
Frage: Welchen Eindruck, glauben Sie, hat Ihre Offenbarung auf die Anwesenden und insbesondere auf Ihre Kinder gemacht?
Antwort: Einen überraschenden, tiefen. Der Tod ist kein Lügner. Die Kinder, wie undankbar sie auch sein mögen, verneigen sich vor der scheidenden Inkarnation. Wenn man die Herzen seiner Kinder bei einem halb geöffneten Grab untersuchen könnte, würde man bei ihnen nur wahre Empfindungen finden, tief berührt von der geheimen Hand der Geister, die in allen Gedanken zu ihnen sagen: "Zittert, wenn ihr im Zweifel seid! Der Tod ist Wiedergutmachung, Gottes Gerechtigkeit!" Und ich versichere euch, den Ungläubigen standhaltend, werden meine Freunde und Angehörigen den Worten glauben, die meine Stimme sprach, bevor ich starb. Ich war der Sprecher einer anderen Welt.
Frage: Sie sagten, Sie würden das Glück, das Sie erblickt haben, nicht genießen. Sind Sie unglücklich? Antwort:
Nein, denn ich hatte Glauben vor dem Sterben, und zwar in meiner Seele und meinem Gewissen. Hier unten bedrückt der Schmerz, aber er erhebt wieder für eine geistige Zukunft. Beachtet, dass Gott meine Gebete und meinen absoluten Glauben an ihn zu berücksichtigen wusste. Ich bin auf dem Weg zur Vollkommenheit und werde das Ziel erreichen, das ich erahnen durfte. Betet, meine Freunde, für diese unsichtbare Welt, die eure Schicksale lenkt. Dieser brüderliche Austausch ist wahre Nächstenliebe, er ist ein mächtiger Hebel, der die Geister aller Welten zur Gemeinschaft macht. Frage:
Möchten Sie einige Worte an Ihre Frau und Ihre Kinder richten?
Antwort: Ich bitte alle meine Lieben, an einen mächtigen, gerechten, unveränderlichen Gott zu glauben. An das Gebet, das tröstet und erleichtert. An die Nächstenliebe, die der reinste Akt der menschlichen Inkarnation ist. Sie sollten sich erinnern, dass man wenig geben kann. Die bescheidene Gabe des Armen ist am verdienstvollsten vor Gott, der weiß, dass ein Armer viel gibt, wenn er wenig gibt. Der Reiche muss oft und in großem Maßstab geben, um ebensoviel Verdienst zu erwerben wie jener.
Die Zukunft ist Nächstenliebe, das Wohlwollen in allen Handlungen. Sie ist der Glaube, dass alle Menschen Brüder sind, indem man sich niemals auf all die kindischen Eitelkeiten etwas einbildet. Geliebte Familie, ihr werdet schwere Prüfungen haben; aber wisst, wie man sie mutig annimmt in dem Gedanken, dass Gott sie sieht.
Sprecht häufig dieses Gebet:
Gott der Liebe und Güte, der du immer alles gibst, schenke uns diese Kraft, die vor keiner Schwierigkeit zurückschreckt; mach uns gut, sanft, liebevoll, klein vor irdischem Vermögen und groß im Herzen.
Möge unser Geist spirituell auf Erden sein, damit wir Dich besser verstehen und lieben! Möge dein Name, oh mein Gott, das Sinnbild der Freiheit, das tröstende Ziel aller Unterdrückten sein, all jener, die ein Bedürfnis haben zu lieben, zu vergeben und zu glauben.
Cardon
Eric Stanislas
(Spontane Mitteilung, Spiritistische Gesellschaft Paris, August 1863)
Welch ein Glück bereiten uns die von warmen Herzen lebhaft empfundenen Emotionen! Oh, ihr lieblichen Gedanken, die ihr kommt, einen Weg der Erlösung zu öffnen für alles, das lebt, alles, das körperlich und geistig atmet! Möge euer heilsamer Balsam nicht aufhören, sich in großen Wellen über dich und über uns zu verbreiten! Welche Ausdrücke sollen wir wählen, um das Glück zu schildern, das alle eure Brüder aus dem Jenseits empfinden in Betrachtung der reinen Liebe, die euch alle vereint!
Ach, Brüder, wieviel Gutes überall, wie viele zarte, erhabene Empfindungen, einfach wie ihr, wie eure Lehre, seid ihr zu säen berufen auf dem langen Weg, den ihr noch zu durchlaufen habt! Aber wie sehr wird euch das alles auch zurückgegeben werden, sogar vor der Zeit, in der ihr ein Anrecht darauf habt.
Ich habe dieser ganzen abendlichen Sitzung beigewohnt, habe zugehört, verstanden, begriffen und werde nun auch meinerseits wissen, meine Pflicht zu erfüllen und die Klasse der unvollkommenen Geister zu unterrichten.
Hört, ich war weit davon entfernt, glücklich zu sein. Verloren in der unermesslichen Unendlichkeit litt ich um so heftiger, als ich mir keinen genauen Aufschluss darüber geben konnte. Gott sei Dank! Er hat mir erlaubt, in eine heilige Stätte zu kommen, die die Bösen nicht ungestraft betreten können. Freunde, wie dankbar bin ich euch, wie viel Kraft habe ich unter euch geschöpft!
Oh, ihr gut gesinnten Menschen, kommt oft zusammen und unterrichtet! Ihr könnt euch kaum vorstellen, wie fruchtbar all die ernsthaften Versammlungen sind, die ihr untereinander habt. Geister, die noch viele Dinge zu lernen haben, solche, die aus freien Stücken untätig bleiben, faul und ihre Pflichten vergessend, können sich, sei es durch einen zufälligen Umstand, sei es anderswie, unter euch einfinden. Von einem schrecklichen Schock getroffen, können sie, und das geschieht oft, in sich gehen, sich selbst erkennen, von ferne das Ziel sehen, das es zu erreichen gilt und gestärkt durch das Beispiel, das ihr ihnen gebt, die Mittel suchen, die sie aus dem schmerzlichen Zustand, in dem sie sich befinden, herausführen können. Ich mache mich mit recht großer Freude zum Fürsprecher der leidenden Seelen, weil ich mich an Menschen mit Herz wende und weiß, dass ich nicht zurückgewiesen werde.
Ihr großzügigen Menschen, mögt ihr noch einmal den Ausdruck meiner besonderen Dankbarkeit entgegennehmen und die aller unserer Freunde, denen ihr vielleicht, ohne es zu ahnen, so viel Gutes getan habt.
Eric Stanislas
Der Führer des Mediums: Liebe Kinder, das ist ein Geist, der sehr unglücklich gewesen ist, weil er lange verirrt war. Jetzt hat er sein Unrecht eingesehen. Er hat bereut und endlich seine Blicke auf Gott gerichtet, den er nicht gekannt hatte. Seine Lage ist nicht glücklich, aber er strebt danach und leidet nicht mehr. Gott hat ihm erlaubt zu kommen und zuzuhören. Danach soll er in einen niederen Bereich gehen, um die Geister dort zu unterweisen und zum Fortschritt zu befähigen. Geister, die wie er die Gesetze des Ewigen übertreten haben. Das ist die Wiedergutmachung, die von ihm verlangt wird. Von nun an wird er die Glückseligkeit erobern, weil er den guten Willen dazu hat.