Kapitel VI - Bereuende Verbrecher
Verger
Mörder des Erzbischofs von Paris
Am 3. Januar 1857 wurde seine Exzellenz Sibour, Erzbischof von Paris, beim Verlassen der Kirche Saint Étienne du Mont von einem jungen Priester namens Verger ermordet. Der Täter wurde zum Tode verurteilt und am 30. Januar hingerichtet. Bis zum letzten Augenblick hat er weder Bedauern, noch Reue, noch Mitgefühl gezeigt.
Als er noch am Tag seiner Hinrichtung angerufen wurde, gab er folgende Antworten:
Anrufung:
Antwort: Ich werde noch in meinem Körper festgehalten.
Frage: Ist Ihre Seele nicht völlig von Ihrem Körper befreit?
Antwort: Nein ... ich habe Angst ... ich weiß es nicht … warten Sie, bis ich mich zurechtfinde ... ich bin nicht tot, nicht wahr?
Frage: Bereuen Sie, was Sie getan haben?
Antwort: Es war falsch, zu töten, aber ich bin von meinem Charakter, der Demütigungen nicht ertragen konnte, dazu getrieben worden … Rufen Sie mich ein anderes Mal.
Frage: Warum wollen Sie jetzt schon gehen?
Antwort: Ich hätte zu viel Angst, wenn ich ihn sehen würde. Ich würde mich fürchten, dass er mir dasselbe antut.
Frage: Aber Sie haben nichts zu befürchten, da Ihre Seele von Ihrem Körper getrennt ist. Verbannen Sie jegliche Sorge, eine solche ist nicht vernünftig.
Antwort: Was wollen Sie? Sind Sie immer Herr Ihrer Eindrücke? … Ich weiß nicht, wo ich bin … ich bin verrückt.
Frage: Versuchen Sie, sich zu beruhigen.
Antwort: Ich kann nicht, weil ich eben verrückt bin … Warten Sie! … Ich werde meine ganze Klarheit zurückgewinnen.
Frage: Wenn Sie beten würden, könnte Ihnen das helfen, Ihre Gedanken zu sammeln?
Antwort: Ich fürchte mich ... Ich wage es nicht zu beten.
Frage: Beten Sie, Gottes Barmherzigkeit ist groß! Wir werden mit Ihnen beten.
Antwort: Ja, Gottes Barmherzigkeit ist unendlich. Das habe ich immer geglaubt.
Frage: Erkennen Sie jetzt Ihre Lage besser?
Antwort: Sie ist so außergewöhnlich, dass ich sie noch nicht begreifen kann.
Frage: Sehen Sie Ihr Opfer?
Antwort: Ich glaube, eine Stimme zu hören, die der seinen gleicht und die zu mir sagt: Ich bin Dir nicht böse ... aber das ist eine Folge meiner Einbildung! … Ich bin verrückt, das sage ich Ihnen, denn ich sehe meinen eigenen Körper auf der einen Seite und meinen Kopf auf der anderen ... und doch kommt es mir so vor, als würde ich leben, aber im freien Raum zwischen der Erde und dem, was Sie Himmel nennen … Ich fühle sogar die Kälte eines Messers, das auf meinen Hals fällt ... aber es ist die Angst, die ich vor dem Sterben habe … es scheint mir, dass ich viele Geistwesen um mich herum sehe, die mich mitfühlend ansehen … sie reden mit mir, aber ich verstehe sie nicht. Frage: Findet sich unter diesen Geistwesen irgendeines, durch dessen Gegenwart Sie sich wegen Ihres Verbrechens gedemütigt fühlen?
Antwort: Ich sage Ihnen, dass es nur einen gibt, vor dem ich mich fürchte, nämlich der, den ich erschlagen habe.
Frage: Erinnern Sie sich an Ihre früheren Existenzen?
Antwort: Nein, ich bin im Unklaren ... ich glaube zu träumen … noch einmal, ich muss mich erst zurechtfinden.
(Drei Tage später) Frage: Finden Sie sich jetzt besser zurecht?
Antwort: Ich weiß nun, dass ich nicht mehr zu dieser Welt gehöre und ich bedaure das nicht. Ich bereue, was ich getan habe, aber mein Geist ist freier. Es ist mir klarer geworden, dass es eine Reihe von Existenzen gibt, die uns die nützlichen Kenntnisse geben, um so vollkommen zu werden, wie das Geschöpf es vermag.
Frage: Werden Sie für das Verbrechen, das Sie begangen haben, bestraft?
Antwort: Ja, ich bereue, was ich getan habe und leide darunter.
Frage: Auf welche Weise werden Sie bestraft?
Antwort: Ich werde bestraft, weil ich meine Schuld anerkenne und Gott um Vergebung dafür bitte. Ich werde bestraft, weil ich mir meines fehlenden Glaubens an Gott bewusst bin und weil ich jetzt weiß, dass wir die Tage unserer Brüder nicht verkürzen dürfen. Ich werde bestraft durch das Schuldgefühl, meinen Fortschritt verzögert zu haben, indem ich einen falschen Weg eingeschlagen habe und nicht auf den Schrei meines Gewissens gehört habe, der mir sagte, durch Töten würde ich keineswegs an mein Ziel gelangen. Aber ich habe mich von Hochmut und Eifersucht beherrschen lassen. Ich habe mich geirrt und bereue es, denn der Mensch muss sich immer anstrengen, um seine schlechten Leidenschaften zu beherrschen, und das habe ich nicht getan.
Frage: Welches Gefühl haben Sie, wenn wir Sie rufen?
Antwort: Freude und Furcht, denn ich bin nicht böse.
Frage: Worin bestehen diese Freude und diese Furcht?
Antwort: Freude, weil ich mich mit Menschen unterhalte und weil ich durch meine Eingeständnisse zum Teil wiedergutmachen kann. Furcht, die ich nicht definieren kann, eine Art Scham, ein Mörder gewesen zu sein.
Frage: Möchten Sie auf dieser Erde wieder inkarniert werden?
Antwort: Ja, ich bitte darum, und ich wünsche mir, mich ständig in Gefahr zu befinden, dass ich getötet würde und Angst davor hätte.
Als seine Exzellenz Erzbischof Sibour angerufen wurde, sagte er, dass er seinem Mörder verzeihe und für seine Rückkehr zum Guten bete. Er fügte hinzu, dass er sich ihm, obwohl er anwesend war, nicht gezeigt habe, um sein Leiden nicht zu vergrößern; denn die Furcht vor seinem Anblick, die ein Zeichen von Gewissensbissen sei, sei schon eine Strafe.
Frage: Weiß der Mensch, der einen Mord begeht, bei der Wahl seiner Existenz, dass er zum Mörder wird?
Antwort: Nein, er weiß, dass, wenn er ein Leben des Kampfes wählt, es günstige Umstände gibt, die ihn dazu bringen können, einen seiner Mitmenschen zu töten. Aber er weiß nicht, ob er es tun wird, denn es gab fast immer einen Kampf in ihm.
Bemerkung: Die Lage von Verger zum Zeitpunkt seines Todes war die, die fast alle Menschen erleben, die eines gewaltsamen Todes sterben. Da die Trennung der Seele sich nicht so schnell vollzieht, sind sie wie betäubt und wissen nicht, ob sie tot oder lebendig sind. Der Anblick des Erzbischofs bleibt ihm erspart, weil es nicht nötig war, Schuldgefühle zu erzeugen, während andere dagegen unaufhörlich von den Blicken ihrer Opfer verfolgt werden.
Die Ungeheuerlichkeit seines Verbrechens hatte Verger noch verschlimmert, indem er bis zum Tode keine Reue zeigte. Er erfüllte also alle Bedingungen, um die ewige Verdammnis auf sich zu ziehen. Jedoch kaum, dass er die Erde verlassen hat, dringt die Reue in seine Seele. Er verabscheut seine Vergangenheit und bittet aufrichtig um Wiedergutmachung. Was ihn dazu treibt, ist nicht das Übermaß an Leiden, da er ja noch keine Zeit zum Leiden gehabt hat. Es ist somit nur der Schrei seines Gewissens, auf den er während seines Lebens nicht gehört hat und den er nun wahrnimmt. Warum sollte ihm das nicht angerechnet werden? Warum sollte das, was ihn noch vor wenigen Tagen vor der Hölle bewahrt hätte, das nun nicht mehr vermögen? Warum sollte Gott, der vor dem Tod barmherzig gewesen wäre, einige Stunden später ohne Mitleid sein? Man könnte sich über die Schnelligkeit der Wandlung wundern, die sich manchmal in der Meinung eines bis zum letzten Augenblick verhärteten Verbrechers vollzieht, bei dem der Übergang in das andere Leben genügt, um ihn das Unrecht seines Verhaltens einsehen zu lassen. Dieser Erfolg ist durchaus nicht allgemeingültig, sonst gäbe es keine bösen Geistwesen. Die Reue kommt oft sehr spät, folglich wird die Strafe auch verlängert.
Das Verharren im Bösen während des Lebens ist manchmal eine Folge des Hochmuts, der sich weigert, sich zu beugen und seine Fehler einzugestehen. Auch steht der Mensch unter dem Einfluss der Materie, die einen Schleier über seine geistigen Wahrnehmungen wirft und ihn fasziniert. Ist der Schleier gefallen, geht ihm plötzlich ein Licht auf und er ist wie ernüchtert. Die sofortige Rückkehr zur besseren Gesinnung ist immer ein Zeichen eines gewissen moralischen Fortschritts, der nur eines günstigen Umstandes bedarf, um sich zu offenbaren. Wer dagegen nach dem Tod mehr oder weniger lange im Bösen verharrt, ist zweifellos ein zurückgebliebener Geist, in dem der materielle Instinkt den Keim des Guten erstickt und noch weitere Prüfungen braucht, um sich zu bessern.
Lemaire
Vom Gerichtshof der Geschworenen von Aisne zum Tode verurteilt, am 31. Dezember 1857 hingerichtet und am 29. Januar 1858 angerufen
Anrufung.
Antwort: Ich bin hier.
Frage: Was empfinden Sie bei unserem Anblick?
Antwort: Scham. Frage: Haben Sie Ihr Bewusstsein bis zum letzten Augenblick behalten?
Antwort: Ja.
Frage: Waren Sie sich unmittelbar nach Ihrer Hinrichtung Ihrer neuen Existenz bewusst?
Antwort: Ich war in großer Verwirrung, aus der ich noch nicht heraus bin. Ich habe einen ungeheuren Schmerz verspürt und es schien mir, als ob ihn mein Herz erlitte. Ich sah am Fuße des Schafotts etwas rollen, von dem ich nicht weiß, was es war. Ich sah Blut fließen und mein Schmerz war nur noch stechender.
Frage: War es ein rein körperlicher Schmerz, ähnlich dem, den eine schwere Verletzung, zum Beispiel die Amputation eines Gliedes, verursachen würde?
Antwort: Nein, stellen Sie sich Gewissensbisse vor, einen großen seelischen Schmerz.
Frage: Wann haben Sie angefangen, diesen Schmerz zu fühlen?
Antwort: Sobald ich frei war.
Frage: Wurde der durch die Todesstrafe verursachte physische Schmerz vom Körper oder vom Geist empfunden?
Antwort: Der seelische Schmerz war in meinem Geist. Der Körper hat den physischen Schmerz gespürt, aber der getrennte Geist spürte noch die Nachwirkung davon.
Frage: Haben Sie Ihren verstümmelten Körper gesehen?
Antwort: Ich habe etwas Unförmiges gesehen, das ich anscheinend nicht verlassen hatte. Jedoch fühlte ich mich noch als ganz, ich war ich selbst.
Frage: Welchen Eindruck hat dieser Anblick auf Sie gemacht?
Antwort: Ich fühlte meinen Schmerz zu sehr; ich war darin verloren.
Frage: Ist es wahr, dass der Körper noch einige Augenblicke nach der Enthauptung lebt und dass der Hingerichtete sich seiner Gedanken bewusst ist?
Antwort: Der Geist zieht sich nach und nach zurück. Je mehr die materiellen Bande ihn in sich verstricken, umso langsamer erfolgt die Trennung.
Frage: Man will auf dem Gesicht einiger Hingerichteter den Ausdruck von Zorn bemerkt haben und Bewegungen, als ob sie sprechen wollten. Ist das die Folge einer Kontraktion der Nerven oder des Willens?
Antwort: Des Willens, denn der Geist hatte sich noch nicht zurückgezogen.
Frage: Welches war das erste Gefühl, das Sie beim Eintritt in Ihre neue Existenz hatten?
Antwort: Ein unerträgliches Leiden, eine Art stechende Reue, deren Ursache ich nicht kannte.
Frage: Haben Sie sich mit Ihren Komplizen, die zur gleichen Zeit wie Sie hingerichtet wurden, vereinigt gefunden?
Antwort: In Bezug auf unser Unglück. Unser Anblick ist eine ständige Qual. Jeder von uns wirft dem anderen sein Verbrechen vor.
Frage: Begegnen Sie Ihren Opfern?
Antwort: Ich sehe sie … sie sind glücklich ... ihr Blick verfolgt mich … ich fühle, wie er in die Tiefen meines Wesens eindringt ... vergeblich will ich ihm entfliehen.
Frage: Welches Gefühl haben Sie bei ihrem Anblick?
Antwort: Scham und Gewissensbisse. Ich habe die Opfer mit meinen eigenen Händen großgezogen und hasse sie erneut.
Frage: Was empfinden jene, wenn sie Sie sehen?
Antwort: Mitleid.
Frage: Tragen sie Hass und den Wunsch nach Rache in sich?
Antwort: Nein, ihre Wünsche verlangen von mir Sühne. Sie können sich nicht vorstellen, was für eine schreckliche Qual es ist, jemandem, den man hasst, alles schuldig zu sein.
Frage: Bedauern Sie das irdische Leben?
Antwort: Ich bedaure nur meine Verbrechen. Wenn das Geschehene noch in meiner Hand läge, würde ich es nicht mehr begehen.
Frage: Lag die Neigung zum Bösen in Ihrer Natur oder wurden Sie durch die Umgebung, in der Sie lebten, dazu verleitet?
Antwort: Die Neigung zum Verbrechen lag in meiner Natur, denn ich war nur ein niederes Geistwesen. Ich wollte schnell aufsteigen, aber ich habe mehr verlangt, als meine Kräfte es zuließen. Ich habe mich stark geglaubt, habe eine schwere Prüfung gewählt und habe den Versuchungen zum Bösen nachgegeben.
Frage: Wenn man Ihnen gute Erziehungsgrundsätze gegeben hätte, hätte man Sie vom kriminellen Leben abbringen können?
Antwort: Ja, aber ich habe die Lebenslage gewählt, in der ich geboren bin.
Frage: Hätten Sie ein guter Mensch sein können?
Antwort: Ein schwacher Mensch, unfähig zum Guten wie zum Bösen. Ich konnte das Böse meiner Natur während meines Lebens korrigieren, aber ich konnte mich nicht erheben, das Gute zu tun.
Frage: Glaubten Sie zu Ihren Lebzeiten an Gott?
Antwort: Nein.
Frage: Man sagt, Sie hätten in der Todesstunde bereut, ist das wahr?
Antwort: Ich habe an einen rächenden Gott geglaubt ... Ich hatte Angst vor seiner Gerechtigkeit.
Frage: Ist Ihre Reue in diesem Augenblick aufrichtiger?
Antwort: Ach, gewiss, ich sehe, was ich getan habe.
Frage: Was denken Sie jetzt über Gott?
Antwort: Ich fühle ihn, aber ich verstehe ihn nicht.
Frage: Finden Sie die Strafe gerecht, die Ihnen auf Erden auferlegt worden ist?
Antwort: Ja.
Frage: Hoffen Sie, Verzeihung für Ihre Verbrechen zu erlangen?
Antwort: Ich weiß es nicht.
Frage: Wie hoffen Sie, diese zu sühnen?
Antwort: Durch neue Prüfungen, doch scheint mir, dass eine Ewigkeit zwischen ihnen und mir liegt.
Frage: Wo sind Sie jetzt?
Antwort: Ich bin in meinem Leiden.
Frage: Wir fragen Sie, an welcher Stelle Sie sind?
Antwort: In der Nähe des Mediums.
Frage: Da Sie hier sind, in welcher Gestalt würden Sie uns erscheinen, wenn wir Sie sehen könnten?
Antwort: In meiner körperlichen Gestalt, den Kopf vom Rumpf getrennt.
Frage: Könnten Sie uns erscheinen?
Antwort: Nein, lassen Sie mich!
Frage: Würden Sie uns bitte sagen, wie Sie aus dem Gefängnis von Montdidier entkommen sind?
Antwort: Ich weiß es nicht mehr … Mein Schmerz ist so groß, dass ich nur die Erinnerung an das Verbrechen habe. Lassen Sie mich.
Frage: Könnten wir Ihrem Schmerz irgendeine Linderung bringen?
Antwort: Wünschen Sie mir, dass die Sühne kommt!
Der Geist von Castelnaudary
In einem kleinen Haus in der Nähe von Castelnaudary haben seltsame Geräusche und unterschiedliche Manifestationen stattgefunden, die den Eindruck erweckten, als würde es von einem bösen Geist heimgesucht. Aus diesem Grund wurde 1848 eine Beschwörung durchgeführt, jedoch ohne Erfolg. Der Besitzer, Herr D., der es bewohnen wollte, starb dort plötzlich einige Jahre danach. Sein Sohn, der es danach bewohnen wollte, erhielt eines Tages beim Betreten eines Zimmers eine kräftige Ohrfeige von unbekannter Hand. Da er völlig allein war, konnte er nicht daran zweifeln, dass sie ihm von verborgener Quelle gegeben wurde. Aus diesem Grund beschloss er, das Haus endgültig zu verlassen. In dieser Gegend gibt es eine Überlieferung, nach der in diesem Haus ein großes Verbrechen begangen worden sei.
Das Geistwesen, das die Ohrfeige gegeben hatte, wurde 1859 in die spiritistische Gesellschaft von Paris gerufen und äußerte sich durch Zeichen von Gewalttätigkeit. Alle Bemühungen, es zu besänftigen, waren wirkungslos. Der heilige Ludwig, diesbezüglich befragt, antwortete: "Es ist ein Geistwesen von der schlimmsten Art, ein wahrhaftes Ungeheuer. Wir haben sein Kommen bewirkt, haben ihn aber nicht zum Schreiben zwingen können, trotz allem, was ihm gesagt worden ist. Er hat seinen freien Willen. Der Unglückliche macht einen traurigen Gebrauch davon."
Frage: Ist dieser Geist verbesserungsfähig?
Antwort: Warum nicht? Sind sie es nicht alle, dieser wie die anderen? Man muss sich jedoch darauf gefasst machen, auf Schwierigkeiten zu stoßen. Aber wie niederträchtig er auch sein mag, das Gute, das ihm für Böses erwiesen wird, wird ihn schließlich doch berühren. Zunächst bete man für ihn und rufe ihn dann in einem Monat erneut. Sie werden die Wandlung beurteilen können, die sich dann in ihm vollzogen haben wird.
Das später wieder gerufene Geistwesen zeigte sich umgänglicher, danach allmählich fügsam und reumütig. Durch ihn und anderen Geistwesen gewährten Gespräche ergaben, dass er im Jahr 1608 dieses Haus bewohnte, in dem er wegen des Verdachts eifersüchtiger Rivalität seinen Bruder ermordet hatte, indem er, während dieser schlief, an die Kehle schlug, und einige Jahre später ermordete er die, die er nach dem Tod seines Bruders zu seiner Frau gemacht hatte. Er starb 1659 im Alter von 80 Jahren, ohne wegen dieser Morde verfolgt worden zu sein, auf die man in diesen Zeiten der Verwirrung wenig achtete. Seit seinem Tod hatte er nicht aufgehört, Böses zu tun, und mehrere der in diesem Haus geschehenen Unfälle herbeigeführt. Ein hellseherisches Medium, das beim ersten Aufruf gegenwärtig war, sah ihn in den Augenblicken, als man ihn zum Schreiben bringen wollte. Er schüttelte heftig den Arm des Mediums, sein Anblick war erschreckend. Er war mit einem blutbefleckten Hemd bekleidet und hielt einen Dolch in der Hand.
Fragen an den heiligen Ludwig:
Frage: Würden Sie uns bitte die Art der Bestrafung dieses Geistwesens beschreiben?
Antwort: Sie ist grässlich für ihn. Er ist dazu verurteilt worden, in dem Haus zu bleiben, in dem das Verbrechen begangen wurde, ohne seine Gedanken auf etwas anderes als dieses Verbrechen, das er immer vor Augen hat, richten zu können. Er glaubt, für alle Ewigkeit zu dieser Qual verdammt zu sein. Er sieht sich ständig in dem Augenblick, als er das Verbrechen begangen hat. Jede andere Erinnerung ist ihm entzogen und jede Begegnung mit einem anderen Geistwesen verwehrt. Er kann sich auf der Erde nur in diesem Haus aufhalten und wenn er sich im freien Raum aufhält, befindet er sich dort in Finsternis und Einsamkeit.
Frage: Gäbe es eine Möglichkeit, ihn von diesem Haus zu vertreiben und welche wäre das?
Antwort: Will man die Quälereien solcher Geistwesen los sein, ist es leicht, wenn man für sie betet: aber genau das wird immer versäumt. Man zieht es vor, sie mit Beschwörungsformeln zu erschrecken, die sie sehr amüsieren.
Frage: Wenn wir die Beteiligten veranlassen, für ihn zu beten und wir selbst für ihn beten, würde das bewirken, dass er geht?
Antwort: Ja, aber beachten Sie, dass ich gesagt habe: ihr sollt beten und nicht: ihr sollt zum Beten veranlassen.
Frage: Wie man sieht, ist er jetzt seit zwei Jahrhunderten in dieser Lage. Erlebt er diese Zeit, wie er es zu Lebzeiten getan hätte, das heißt, kommt ihm die Zeit genauso lang oder weniger lang vor, als wenn er noch am Leben wäre?
Antwort: Sie erscheint ihm länger, weil es für ihn keinen Schlaf gibt.
Frage: Es ist uns gesagt worden, für Geistwesen existiere die Zeit nicht und ein Jahrhundert sei für sie ein Punkt in der Ewigkeit, ist es also nicht für alle gleich?
Antwort: Gewiss nicht, das gilt nur für Geistwesen, die auf einer sehr hohen Stufe des Fortschritts angelangt sind. Für niedere Geistwesen dagegen ist die Zeit manchmal sehr lang, vor allem wenn sie leiden.
Frage: Woher kam dieser Geist vor seiner Inkarnation?
Antwort: Er hatte ein Leben unter den grausamsten und wildesten Völkern gehabt und davor kam er von einem Planeten, der niedriger steht als die Erde.
Frage: Dieser Geist wird für das Verbrechen, das er begangen hat, sehr hart bestraft. Wenn er unter barbarischen Völkern gelebt hat, muss er Taten begangen haben, die nicht weniger grausam waren als die letzten. Ist er dafür in gleicher Weise bestraft worden?
Antwort: Dafür wurde er weniger bestraft, weil er mehr unwissend, weniger ihre Tragweite erkannte.
Frage: Ist der Zustand, in dem sich dieser Geist befindet, der von Wesen, die man gewöhnlich als Verdammte bezeichnet?
Antwort: Durchaus, und es gibt noch viel schrecklichere von ihnen. Die Leiden sind bei weitem nicht für alle gleich, selbst bei ähnlichen Verbrechen. Sie sind nämlich verschieden, je nachdem, ob der Schuldige mehr oder weniger der Reue zugänglich ist. Für diesen Geist ist das Haus, in dem er sein Verbrechen begangen hat, seine Hölle. Andere tragen sie in sich wegen der Leidenschaften, die sie quälen und die sie nicht befriedigen können.
Frage: Dieses Geistwesen fühlt trotz seiner Minderwertigkeit die guten Wirkungen des Gebetes. Das Gleiche haben wir an anderen, in gleichem Maße verworfenen Geistern gesehen, die von tierisch rohester Art waren. Wie kommt es, dass aufgeklärtere Geistwesen von mehr entwickelter Intelligenz, eine völlige Abwesenheit von guten Gesinnungen zeigen, dass sie über alles Heilige lachen, kurz gesagt: dass nichts sie berührt und dass es keinen Stillstand in ihrer Bösartigkeit gibt?
Antwort: Das Gebet hat nur Wirkung für ein Geistwesen, das bereut. Ein solches, von Hochmut getrieben, sich gegen Gott empört und in seinen Verfehlungen festhält, ja diese noch übertreibt, wie es unglückliche Geistwesen tun, bei solchen hat das Gebet keine Wirkung und wird nichts erreichen, bis zu dem Tag, an dem sich ein Schimmer von Reue zeigt. Die Unwirksamkeit des Gebetes ist für sie wiederum eine Strafe! Es bringt nur Erleichterung für diejenigen, die nicht völlig verhärtet sind.
Frage: Wenn man sieht, dass ein Geistwesen den guten Wirkungen des Gebetes unzugänglich ist, ist das ein Grund, nicht für es zu beten?
Antwort: Nein, sicher nicht, denn früher oder später wird das Gebet über seine Verhärtung siegen können und heilsame Gedanken in ihm aufkeimen lassen.
Bemerkung: Es ist ebenso mit bestimmten Kranken, bei denen Heilmittel erst nach längerer Zeit wirken. Die Wirkung lässt sich im ersten Augenblick nicht bemerken, bei anderen dagegen wirken sie schnell. Wenn man jene Wahrheit beachtet, dass alle Geistwesen vervollkommnungsfähig sind und dass keines ewig und zwangsläufig dem Bösen geweiht ist, so wird man begreifen, dass das Gebet früher oder später seine Wirkung haben wird und auch wenn es auf den ersten Blick unwirksam erscheint, dennoch nicht weniger heilsame Keime pflanzt, die den Geist für das Gute empfänglich machen, falls es ihn nicht sofort berührt. Es wäre also falsch, mutlos zu werden, weil man nicht sofort Erfolg hat.
Frage: Wenn dieser Geist wieder inkarnieren würde, in welcher Kategorie von Menschen würde er sich dann wiederfinden?
Antwort: Das wird von ihm und von der Reue abhängen, die er empfindet.
Mehrere Gespräche mit diesem Geist führten zu einer bemerkenswerten Veränderung in seiner moralischen Verfassung. Hier folgen einige seiner Antworten.
Fragen an das Geistwesen:
Frage: Warum haben Sie nicht schreiben können, als wir Sie das erste Mal anriefen?
Antwort: Ich wollte es nicht.
Frage: Warum wollten Sie es nicht?
Antwort: Unwissenheit und grobe Dummheit.
Frage: Sie können jetzt also, wenn Sie wollen, das Haus in Castelnaudary verlassen?
Antwort: Man erlaubt es mir, weil ich Ihre guten Ratschläge nutze.
Frage: Fühlen Sie sich dadurch ermutigt?
Antwort: Ich fange an zu hoffen.
Frage: Wenn wir Sie sehen könnten, wie würden Sie uns erscheinen?
Antwort: Sie würden mich im Hemd sehen, ohne Dolch.
Frage: Warum haben Sie Ihren Dolch nicht mehr? Was haben Sie damit gemacht?
Antwort: Ich verfluche ihn. Gott erspart mir den Anblick.
Frage: Wenn Herr D. … Sohn (der, der die Ohrfeige bekommen hatte) in das Haus zurückkehren würde, würden Sie ihm Böses antun?
Antwort: Nein, denn ich bin reumütig.
Frage: Und wenn er sich Ihnen widersetzen wolle?
Antwort: Oh, fragen Sie mich das nicht! Ich würde mich nicht beherrschen können, das würde über meine Kräfte gehen, denn ich bin nur ein Elender.
Frage: Sehen Sie in ferner Zukunft ein Ende Ihrer Leiden?
Antwort: Oh, noch nicht! Das ist bereits viel mehr als ich verdiene, dass ich dank ihrer Vermittlung weiß, dass die Leiden nicht immer bleiben werden.
Frage: Würden Sie uns bitte die Lage beschreiben, in der Sie waren, bevor wir Sie das erste Mal gerufen haben? Verstehen Sie bitte, dass wir Sie danach fragen, um eine Möglichkeit zu haben, Ihnen nützlich zu sein, und nicht aus Neugierde.
Antwort: Ich habe es euch gesagt, dass ich von nichts in der Welt ein Bewusstsein hatte, außer meinem Verbrechen und ich konnte das Haus, in dem ich es begangen habe, nur verlassen, um mich in den Weltraum zu erheben, wo alles um mich herum Einsamkeit und Dunkelheit war. Ich könnte euch keine Vorstellung davon geben, ich habe nie etwas davon begriffen. Sobald ich mich über die Luft hinaus erhob, war es schwarz, war es leer. Ich weiß nicht, was das war. Heute empfinde ich weit mehr Gewissensbisse und ich bin nicht mehr gezwungen, in jenem verhängnisvollen Haus zu bleiben. Es ist mir erlaubt, über die Erde zu irren und zu versuchen, mich durch meine Beobachtungen aufzuklären. Dann aber begreife ich die Ungeheuerlichkeit meiner Verbrechen umso besser. Und wenn ich auf der einen Seite weniger leide, vermehren sich auf der anderen Seite meine Qualen durch Selbstvorwürfe, aber wenigstens habe ich Hoffnung.
Frage: Wenn Sie wieder eine körperliche Existenz annehmen müssten, welche würden Sie wählen?
Antwort: Ich habe noch nicht genug gesehen und nicht genug nachgedacht, um das zu wissen.
Frage: Haben Sie während Ihrer langen Isolation, man könnte sagen, während Ihrer Gefangenschaft Gewissensbisse gehabt?
Antwort: Nicht die Geringsten, und darum habe ich so lange gelitten. Erst als ich anfing, solche zu empfinden, wurden ohne mein Wissen Umstände herbeigeführt, die zu meiner Anrufung führten. Dieser verdanke ich den Beginn meiner Befreiung. Ich danke Ihnen also, dass Sie Mitleid mit mir hatten und mich aufgeklärt haben!
Bemerkung: Wir haben tatsächlich gesehen, wie Geizige unter dem Anblick des Goldes leiden, das für sie ein wahres Trugbild geworden war. Wie Hochmütige vor dem eifrigen Streben nach Ehre gequält wurden, die sie anderen erwiesen sahen und die sich ihnen nicht zuwandten. Wie Menschen, die auf Erden befohlen hatten, von einer unsichtbaren Macht gedemütigt wurden, die sie zum Gehorchen zwang, und von dem Anblick ihrer Untergebenen, die sich nicht mehr vor ihnen beugten. Wie Atheisten die Angst der Ungewissheit erleiden und sich inmitten des Universums in völliger Einsamkeit finden, ohne ein Wesen zu treffen, das sie aufklären könnte. Wenn es in der Welt der Geister Freuden für alle Tugenden gibt, gibt es genauso Strafen für alle Vergehen und diejenigen, die das Gesetz der Menschen nicht erreicht, werden immer vom Gesetz Gottes getroffen.
Es ist außerdem zu bemerken, dass die gleichen Vergehen, obwohl sie unter den gleichen Bedingungen begangen werden, mit manchmal sehr unterschiedlichen Strafen geahndet werden, je nach dem Grad des intellektuellen Fortschritts des Geistes. Die am meisten zurückgebliebenen Geister von grober Natur, wie es hier der Fall ist, werden mit Strafen belegt, die in gewisser Weise mehr körperlich als geistig sind, während das Gegenteil bei denen der Fall ist, deren Intelligenz und Empfindsamkeit weiterentwickelt sind. Die Ersteren brauchen Strafen, die der Grobheit ihrer Schale angemessen sind, damit sie das Unangenehme ihrer Lage begreifen und ihnen den Wunsch einzugeben, aus ihr herauszukommen. Aus diesem Grund wird zum Beispiel die bloße Schande, die auf sie nur wenig oder gar keinen Eindruck machen würde, für andere unerträglich sein.
In diesem göttlichen Strafgesetzbuch offenbart sich die Weisheit, Güte und Fürsorge Gottes für seine Geschöpfe bis ins Kleinste. Alles ist verhältnismäßig, alles ist mit bewundernswerter Sorgfalt miteinander verbunden, um den Schuldigen leichter zugängliche Mittel für ihre Rehabilitierung zu bieten. Die geringsten guten Bestrebungen der Seele werden ihnen angerechnet. Nach dem Glauben an die ewigen Strafen hingegen vermischen sich in der Hölle die großen und die kleinen Schuldigen, die einmal Schuldigen und die hundertmal Rückfälligen, die Verhärteten und die Bereuenden. Alles ist darauf ausgerichtet, sie am Boden des Abgrunds zu halten, kein Rettungsanker wird ihnen angeboten, ein einziger Fehler kann sie für immer in den Abgrund stürzen, ohne dass das Gute angerechnet wird, das sie getan haben. Auf welcher Seite findet man wahre Gerechtigkeit und wahre Güte?
Diese Anrufung ist also kein Zufall. Da diese jenem Unglücklichen Nutzen bringen sollte, haben die Geister, die über ihn wachten und sahen, dass er die Maßlosigkeit seiner Verbrechen einzusehen begann, beschlossen, dass der Zeitpunkt gekommen sei, ihm wirksame Hilfe zu bringen und da haben sie eben die günstigen Umstände herbeigeführt. Das ist eine Tatsache, die wir schon viele Male erlebt haben.
In diesem Zusammenhang wurde gefragt, was mit ihm geschehen wäre, wenn man ihn nicht hätte anrufen können, und was mit all den leidenden Geistwesen sei, die man nicht anrufen könne oder an die man nicht denkt. Darauf wurde geantwortet, dass Gott unzählige Wege hat, um seine Geschöpfe zu retten. Die Anrufung ist ein Weg, ihnen zu helfen, aber sicher nicht der einzige, und Gott lässt keines seiner Geschöpfe in Vergessenheit geraten. Außerdem müssen kollektive Gebete einen gewissen Einfluss auf solche Geister haben, die der Reue zugänglich sind.
Gott konnte das Schicksal der leidenden Geistwesen nicht vom Wissen und guten Willen der Menschen abhängig machen. Sobald die Menschen einen regelmäßigen Verkehr mit der unsichtbaren Welt aufnehmen konnten, bestand eines der ersten Ergebnisse des Spiritismus darin, sie die Dienste zu lehren, die sie mit Hilfe dieser Beziehungen ihren körperlosen Geschwistern leisten konnten. Gott wollte ihnen damit die Verbundenheit zeigen, die zwischen allen Wesen im Universum besteht und dem Prinzip der Brüderlichkeit ein Naturgesetz geben. Indem er dieses neue Feld für die Ausübung der Nächstenliebe öffnete, zeigte er den Menschen die wahrhaft nützliche und ernste Seite der Anrufungen, die bis dahin durch Unwissenheit und Aberglauben von ihrem Zweck der Bestimmung entzogen waren. Den leidenden Geistern hat es also nie an Hilfe gefehlt, und wenn die Anrufungen ihnen einen neuen Rettungsweg öffnen, so gewinnen die Inkarnierten vielleicht noch mehr durch die neuen Gelegenheiten, Gutes zu tun, indem sie sich über den wahren Zustand des künftigen Lebens aufklären.
Jacques Latour
Ein Mörder, der vom Schwurgericht in Foix verurteilt und im September 1864 hingerichtet wurde.
In einer vertrauten Zusammenkunft von sieben bis acht Spiritisten, die am 13. September 1864 in Brüssel stattfand, und der wir beiwohnten, wurde eine Dame, die ein Medium war, gebeten zu schreiben. Es war keine besondere Anrufung geschehen, da zeichnet sie mit ungewöhnlicher Erregung in sehr großen Buchstaben, nachdem sie das Papier gewaltsam zerkratzt hat, diese Worte:
Ich bereue! Ich bereue! Latour.
Überrascht von dieser unerwarteten Mitteilung, die durch nichts hervorgerufen worden war, denn keiner dachte an diesen Unglücklichen, dessen Tod sogar den meisten der Anwesenden unbekannt war, richtet man an den Geist einige Worte der Bemitleidung und Ermutigung. Dann stellt man ihm folgende Frage:
Was hat Sie bewegen können, eher als es sonst geschehen wäre, in unserer Mitte zu erscheinen, da wir Sie ja nicht gerufen haben?
Das Medium, das auch ein sprechendes Medium ist, antwortet mit lebhafter Stimme:
Ich habe gesehen, dass ihr mitfühlende Seelen seid und Mitleid mit mir haben würdet, während andere mich mehr aus Neugierde als aus wahrer Nächstenliebe anrufen oder mit Schauder sich von mir abwenden.
Dann begann eine unbeschreibliche Szene, die nicht weniger als eine halbe Stunde dauerte. Da das Medium den Worten Gebärden und Gesichtsausdrücke hinzufügt, wird offensichtlich, dass das Geistwesen sich mit ihm vereint hat. Manchmal sind seine Ausbrüche der Verzweiflung so herzzerreißend, er schildert seine Angst und seine Leiden in einem so einschneidenden Ton, seine flehenden Bitten sind so vehement, dass alle Anwesenden tief davon bewegt sind.
Einige waren infolge der übergroßen Erregung des Mediums sogar erschreckt, aber wir dachten uns, die Kommunikation eines Geistwesens, das bereut und das Mitleid erfleht, bietet keine Gefahr. Wenn er die Organe des Mediums geliehen hat, dann nur, um seine Lage besser zu schildern und um mehr Anteil an seinem Los zu erwecken, aber nicht, wie die besitzergreifenden Geistwesen tun, in der Absicht, sich des Mediums zu bemächtigen, um es zu beherrschen. Das ist dem Geistwesen zweifellos zu seinem eigenen Vorteil und vielleicht auch als Lehre für die anwesenden Personen erlaubt worden.
Er schreit: Oh ja, Mitleid! Ich brauche es sehr, denn ihr wisst nicht, was ich erleide! … Nein, ihr wisst es nicht, ihr könnt es nicht verstehen … Es ist schrecklich … Die Guillotine! ... Was ist das neben dem, was ich nun ertrage? Es ist nichts, es ist ein Moment. Aber dieses Feuer, das mich verzehrt, das ist schlimmer, es ist ein beständiger Tod. Es ist ein Schmerz, der weder Stillstand noch Ruhe gestattet … der kein Ende nimmt!
Und meine Opfer, die hier um mich herum sind, die mir ihre Wunden zeigen, die mich mit ihren Blicken verfolgen! Sie sind hier, vor mir ... ich sehe sie alle … ja, alle, ich kann ihnen nicht ausweichen! Und diese Blutlache! Und dieses mit Blut befleckte Gold! Alles ist hier! Immer vor mir! Merkt ihr den Geruch des Blutes? Blut, immer nur Blut! Da sind sie, diese armen Opfer, sie flehen mich an und ich, ohne Erbarmen, schlage … ich schlage … ich schlage immer zu! Das Blut berauscht mich!
Ich glaubte, nach meinem Tod würde alles zu Ende sein, deshalb habe ich der Todesstrafe getrotzt. Ich habe Gott getrotzt, habe ihn geleugnet! ... Und nun, wo ich mich für immer vernichtet glaubte, kommt ein schreckliches Erwachen … oh ja, ein schreckIiches! ... Ich bin umgeben von Leichen, von bedrohenden Gestalten ... Ich wate im Blut … Ich glaubte, tot zu sein und ich lebe! ... Das ist grässlich! Das ist schauderhaft, schauderhafter als alle Qualen der Erde!
Oh, wenn doch alle Menschen wissen könnten, was jenseits des Lebens liegt! Sie würden dann wissen, was es kostet, Böses zu tun! Es gäbe keine Mörder, keine Verbrecher, keine Übeltäter mehr! Ich wünschte, es könnten alle Mörder sehen, was ich sehe und was ich erleide … Oh nein, es würde keine solche mehr geben … Es ist zu grässlich, zu leiden, was ich erleide!
Ich weiß wohl, dass ich es verdient habe, oh mein Gott, denn ich habe kein Mitleid mit meinen Opfern gehabt. Ich habe ihre flehenden Hände zurückgestoßen, als sie mich baten, sie zu schonen. Ja, ich selbst bin grausam gewesen. Ich habe sie feige getötet, um an ihr Geld zu kommen … Gottlos bin ich gewesen. Ich habe dich verleugnet, deinen heiligen Namen habe ich gelästert … Ich habe mich betäuben wollen, deshalb wollte ich mir weismachen, Du seiest nicht vorhanden … Oh mein Gott, ich bin ein großer Verbrecher! Ich begreife es jetzt. Aber wirst Du kein Erbarmen mit mir haben? ... Du bist Gott, das heißt die Güte, die Barmherzigkeit! Du bist allmächtig!
Erbarmen, Herr! Oh, Erbarmen! Erbarmen! Ich bitte Dich, sei nicht unnachgiebig. Befreie mich von diesem abscheulichen Anblick, von diesen schrecklichen Bildern … von diesem Blut … von meinen Opfern, deren Blicke mich wie Dolchstöße bis ins Herz durchbohren!
Ihr, die ihr hier seid, mich anhört, ihr seid gute Seelen, barmherzige Seelen. Ja, ich sehe es, ihr werdet Erbarmen mit mir haben, nicht wahr? Ihr werdet für mich beten … Oh, ich flehe euch an! Verstoßt mich nicht! Ihr sollt Gott bitten, dass er mir dieses schreckliche Schauspiel vor den Augen wegnimmt. Er wird euch erhören, weil ihr gut seid … Ich bitte euch darum, stoßt mich nicht zurück, wie ich die anderen zurückgestoßen habe! ... Betet für mich!
Gerührt von seinen Klagen, richteten die Anwesenden Worte der Ermutigung und des Trostes an ihn. Gott, sagte man zu ihm, ist nicht unnachgiebig. Was er vom Schuldigen verlangt, ist aufrichtige Reue und das Verlangen, das Böse wiedergutzumachen, das er getan hat.
Da Ihr Herz nicht verhärtet ist und Sie Ihn um Verzeihung für Ihre Verbrechen bitten, so wird er sein Erbarmen über Sie ausbreiten, wenn Sie nicht von Ihren guten Vorsätzen abweichen, das Böse, das Sie getan haben, wiedergutzumachen. Sie können Ihren Opfern wohl nicht das Leben zurückgeben, das Sie ihnen genommen haben, aber wenn Sie inbrünstig darum bitten, wird Gott Ihnen gewähren, sich mit ihnen in einer neuen Inkarnation wiederzufinden, in der Sie ihnen ebensoviel Hingabe zeigen können, wie Sie grausam waren. Und sobald Er die Wiedergutmachung für genügend erachtet, werden Sie zu Ihm in Gnaden zurückkehren. Die Dauer Ihrer Strafe liegt auf diese Weise in Ihren Händen. Von Ihnen hängt es ab, diese abzukürzen. Wir versprechen Ihnen, mit unseren Gebeten zu helfen und den Beistand der guten Geister auf Sie herabzurufen. Wir wollen auf Ihren Wunsch hin das Gebet sprechen, das in dem Buch "Das Evangelium aus der Sicht des Spiritismus" für leidende und reumütige Geistwesen erhalten ist. Wir werden nicht das Gebet für die bösartigen Geistwesen sprechen, weil Sie, seitdem Sie bereuen, Gott anflehen und Böses zu tun aufgeben, in unseren Augen nur ein unglücklicher Geist sind und kein böswilliger.
Als dieses Gebet gesprochen ist, ergreift nach einigen ruhigen Augenblicken das Geistwesen wieder das Wort und spricht:
"Hab Dank, mein Gott! ... Oh, danke! Du hast Erbarmen mit mir gehabt. Diese schauderhaften Bilder verblassen. Verlass mich nicht! ... Sende mir Deine guten Geistwesen, um mich zu unterstützen! Danke!
Nach diesem Auftritt ist das Medium eine Zeit lang müde und träge, seine Glieder sind erstarrt. Es hat Erinnerung, anfangs verworren, von dem, was sich eben zugetragen hat. Dann, nach und nach, fallen ihm einige von den Worten wieder ein, die es ausgesprochen und die es ungewollt sagte. Es fühlte, dass es nicht es selbst war, das da sprach.
Am folgenden Tag, in einer weiteren Versammlung, manifestiert sich das Geistwesen nochmals und beginnt, nur für einige Minuten lang, wieder den Auftritt vom Abend vorher, mit derselben ausdrucksvollen Gestik, aber weniger heftig. Dann schreibt er durch dasselbe Medium in fieberhafter Erregung die folgenden Worte:
Habt Dank für eure Gebete! Schon vollzieht sich eine spürbare Besserung in mir. Ich habe Gott mit soviel Inbrunst gebeten, dass Er für einen Augenblick eine Linderung meiner Leiden gestattet hat. Aber ich werde sie noch sehen, meine Opfer. Da sind sie! Da sind sie! ... Seht ihr dieses Blut?
(Das Gebet vom vorigen Abend wird wiederholt. Der Geist wendet sich an das Medium und fährt fort:)
Verzeihung, dass ich mich Ihrer bemächtige! Danke für die Linderung, die Sie meinem Leiden bringen! Verzeihung für all das Böse, das ich Ihnen zugefügt habe, aber ich habe es nötig, mich zu manifestieren. Sie allein können … Danke! Danke! Es gibt ein wenig Linderung, aber ich bin nicht am Ende meiner Prüfungen. Schon bald werden meine Opfer wieder zurückkommen. Das ist die Strafe. Ich habe sie verdient. Mein Gott, aber sei nachsichtig! … Ihr alle, betet für mich! Habt Mitleid mit mir.
Latour
Ein Mitglied der spiritistischen Gesellschaft von Paris, das für diesen unglücklichen Geist gebetet und ihn gerufen hatte, erhielt zu verschiedenen Zeiten folgende Mitteilungen von ihm:
I.
Ich bin fast sofort nach meinem Tode gerufen worden und habe mich damals nicht sogleich mitteilen können, aber viele leichtfertige Geistwesen haben meinen Namen und meinen Platz eingenommen. Ich habe in Brüssel die Anwesenheit des Vorsitzenden der spiritistischen Gesellschaft von Paris genutzt und mich mit der Erlaubnis der höheren Geister geäußert.
Ich werde kommen und mich der Gesellschaft mitteilen und Enthüllungen machen, die ein Anfang zum Wiedergutmachen meiner Fehler sind und die allen Verbrechern als Lehre dienen können, falls sie meine Worte lesen und über den Bericht meiner Leiden nachdenken.
Die Reden über die Strafen der Hölle haben wenig Wirkung auf die Gemüter der Schuldigen, die nicht an all diese Bilder glauben, die für Kinder und schwache Menschen erschreckend sind. Nun ist ein großer Missetäter kein kleinmütiger Geist, und Angst vor der polizeilichen Strafe wirkt mehr auf ihn als ein Bericht über die Qualen der Hölle. Deshalb werden alle, die meine Worte lesen werden, die nicht nur Vermutungen sind, sich von diesen und meinen Leiden getroffen fühlen. Es gibt keinen einzigen Priester, der sagen könnte: "Ich habe gesehen, was ich euch sage, ich bin bei den Folterqualen der Verdammten zugegen gewesen". Aber wenn ich komme und sage: "Das ist es, was nach dem Tod meines Körpers geschah.” Das war meine Ernüchterung, als ich erkannte, dass ich nicht tot war, wie ich doch gehofft hatte, und dass das, was ich für das Ende meiner Leiden gehalten hatte, der Anfang von unbeschreiblichen Qualen war! Dann werden mehr als einer am Rande des Abgrundes, in den er zu stürzen drohte, Halt machen. Jeder Unglückliche, den ich auf diese Weise von der Bahn des Verbrechens abbringen werde, wird dazu dienen, einen meiner Fehler wieder gutzumachen. So geht aus dem Bösen Gutes hervor, und so zeigt sich die Güte Gottes überall, auf der Erde, wie im ganzen Universum.
Es ist mir gestattet worden, von dem Anblick meiner Opfer befreit zu werden, die meine Peiniger geworden sind, um mit euch zu kommunizieren. Aber wenn ich euch verlasse, werde ich sie wiedersehen, und allein dieser Gedanke schmerzt mich mehr, als ich sagen kann. Ich bin glücklich, wenn man mich ruft, denn dann verlasse ich meine Hölle für einige Augenblicke. Betet stets für mich! Bittet den Herrn, dass er mich vom Anblick meiner Opfer befreit.
Ja, beten wir miteinander, das Gebet bringt so viel Gutes! ... Mir ist es viel leichter; ich fühle nicht mehr so sehr die Schwere der Last, die mich niederdrückt. Ich sehe in meinen Augen einen Hoffnungsschimmer leuchten und voller Reue rufe ich aus: Gesegnet sei die Hand Gottes! Sein Wille geschehe!
II.
Das Medium: Anstatt Gott darum zu bitten, dass er Sie vom Anblick Ihrer Opfer befreit, bitte ich Sie, mit mir zu beten und ihn um Kraft zu bitten, diese sühnende Qual zu ertragen.
Latour: Ich würde lieber vom Anblick meiner Opfer befreit werden. Wüssten Sie, was ich leide! Der gefühlloseste Mensch würde gerührt werden, wenn er die Leiden meiner Seele sehen könnte, die wie vom Feuer auf mein Gesicht geprägt sind. Ich werde tun, was Sie mir raten. Ich begreife, dass es ein Mittel ist, um meine Fehler schneller zu sühnen. Es ist wie eine schmerzhafte Operation, die meinem recht kranken Körper die Gesundheit wiedergeben soll. Ach, könnten die Schuldigen der Erde mich sehen, wie würden sie erschrecken über die Folgen ihrer Verbrechen, die den Augen der Menschen zwar verborgen sind, aber von den Geistern gesehen werden! Wie verhängnisvoll ist die Unwissenheit für so viele Menschen! Welche Verantwortung nehmen die auf sich, die den armen Schichten der Gesellschaft die Bildung vorenthalten! Sie glauben, sie könnten mit Strafen und der Polizei Verbrechen verhüten. Wie sehr sie sich doch irren!
III.
Die Leiden, die ich ertrage, sind furchtbar, aber seit ihr für mich betet, fühle ich mich von guten Geistwesen unterstützt, die mir sagen, ich soll hoffen. Ich begreife die Wirksamkeit des so kräftigen Heilmittels, zu dem Sie mir geraten haben. Ich bitte den Herrn, mir die Kraft zum Ertragen dieser harten Sühne zu gewähren. Sie kommt, das kann ich sagen, dem Bösen gleich, das ich getan habe. Ich will nicht versuchen, meine Verbrechen zu entschuldigen. Aber wenigstens hat, bis auf wenige Augenblicke des Entsetzens, die für jedes meiner Opfer vorausgegangen sind, zum Zeitpunkt des Todes der Schmerz für sie aufgehört, als das Verbrechen einmal begangen war, und diejenigen unter ihnen, die ihre irdischen Prüfungen beendet sahen, sind hingegangen, um die Belohnung zu empfangen, die auf sie wartete. Seit meiner Rückkehr in die geistige Welt habe ich, abgesehen von den ganz kurzen Augenblicken, in denen ich mit Euch kommuniziert habe, unaufhörlich die Schmerzen der Hölle erlitten.
Die Priester haben trotz ihrer abschreckenden Darstellung der Schmerzen, die die Verstoßenen empfinden, nur eine sehr schwache Vorstellung von den wirklichen Leiden, die Gottes Gerechtigkeit seinen Kindern auferlegt, die sein Gesetz der Liebe und der Barmherzigkeit verletzt haben. Wie will man vernünftigen Leuten den Glauben beibringen, eine Seele, das heißt etwas, das nicht materiell ist, könne bei der Berührung mit materiellem Feuer leiden? Das ist sinnlos, und darum spotten so viele Verbrecher über diese abenteuerlichen Schilderungen der Hölle. Aber das gleiche gilt nicht für den seelischen Schmerz, den der Verurteilte nach dem physischen Tod erleidet.
Beten Sie für mich, damit mich die Verzweiflung nicht übermannt!
IV.
Ich danke Ihnen für das Ziel, das Sie mich in der Ferne erkennen lassen, ein ruhmreiches Ziel, von dem ich weiß, dass ich dorthin gelangen werde, wenn ich mich gereinigt habe. Ich leide sehr und dennoch scheint es mir, dass meine Leiden abnehmen. Ich kann nicht glauben, dass der Schmerz in der geistigen Welt abnimmt, weil man sich allmählich daran gewöhnt. Nein. Ich merke, dass Ihre guten Gebete meine Kräfte vermehrt haben, und wenn meine Schmerzen dieselben sind, so leide ich weniger, weil meine Kraft größer ist.
Meine Gedanken wandern zurück zu meiner letzten Existenz, zu den Fehlern, die ich hätte vermeiden können, wenn ich gewusst hätte, wie man betet. Ich begreife heute die Wirksamkeit des Gebets. Ich begreife die Kraft jener ehrlichen und frommen Frauen, die dem Fleisch nach schwach sind, aber stark durch ihren Glauben. Ich begreife jenes Geheimnis, das die falschen Gelehrten der Erde nicht begreifen. Das Gebet! ... Dieses Wort allein sorgt schon für Gelächter der starken Geister. Ich erwarte sie in der geistigen Welt und wenn der Schleier, der ihnen die Wahrheit verhüllt, für sie zerreißt, werden sie ihrerseits kommen und sich zu den Füßen Gottes niederwerfen, den sie nicht erkannt haben. Sie werden sich glücklich schätzen, sich demütigen zu dürfen, um sich von ihren Sünden und ihren Missetaten wieder zu erheben! Sie werden die Tugend des Gebets begreifen.
Beten heißt lieben, lieben heißt beten! Dann werden sie den Herrn lieben und in Liebe und Dankbarkeit ihre Gebete an ihn richten und, erneuert durch das Leiden, denn sie werden leiden müssen, werden sie beten wie ich, um die Kraft zu bekommen, zu sühnen und zu leiden. Wenn sie zu leiden aufgehört haben, werden sie beten, um dem Herrn zu danken für die Verzeihung, die sie durch ihre Unterwerfung und ihre Ergebung verdient haben. Lass uns beten, Bruder, dass ich noch weiter gestärkt werde.
Oh, danke, Bruder, für deine Barmherzigkeit, denn mir ist vergeben! Gott befreit mich vom Anblick meiner Opfer. Oh mein Gott, sei gepriesen in alle Ewigkeit für die Gnade, die du mir gewährst. Oh mein Gott! Ich fühle die Ungeheuerlichkeit meiner Verbrechen und ich beuge mich vor deiner Allmacht. Herr! Ich liebe Dich von ganzem Herzen, und ich bitte Dich um die Gnade, mir zu gewähren, so oft dein Wille mich auf die Erde senden wird, um mich neuen Prüfungen zu unterziehen, dahinzukommen, um als Missionar des Friedens und der Nächstenliebe die Kinder zu lehren, Deinen Namen mit Ehrfurcht auszusprechen. Ich bitte Dich, sie lehren zu können, Dich zu lieben, Dich, den Vater aller Geschöpfe! Oh, danke, mein Gott! Ich bin ein reumütiger Geist und meine Reue ist aufrichtig. Ich liebe Dich so sehr, wie mein so unreines Herz dieses Gefühl erfassen kann, die reine Ausstrahlung deiner Göttlichkeit. Bruder, lass uns beten, denn mein Herz quillt über vor Dankbarkeit. Ich bin frei, ich habe meine Fesseln zerbrochen, ich bin kein Verstoßener mehr. Ich bin ein leidendes Geistwesen, aber ein bereuendes und ich möchte, dass mein Beispiel all jene verbrecherischen Hände an der Schwelle des Verbrechens zurückhalten könnte, die ich bereit sehe, sich zu erheben. Oh, haltet ein, Brüder, haltet ein! Denn die Qualen, die ihr euch selbst bereitet, werden grauenhaft sein. Glaubt nicht, dass der Herr sich immer so leicht von den Gebeten seiner Kinder erweichen lässt. Es sind Jahrhunderte der Qual, die euch erwarten.
Der Führer des Mediums: Du sagst, du begreifst die Worte des Geistes nicht. Erkenne seine Ergriffenheit und seine Dankbarkeit dem Herrn gegenüber. Er glaubt nicht, dass er sie besser ausdrücken und bezeugen kann, als wenn er versucht, all die Verbrecher, die er sieht und die du nicht sehen kannst, zu stoppen. Er möchte, dass seine Worte bis zu ihnen dringen. Was er dir nicht gesagt hat, weil er es noch nicht weiß, das ist, dass es ihm vergönnt sein wird, wiedergutmachende Missionen anzutreten. Er wird zu seinen Komplizen gehen und versuchen, Reue in ihnen zu wecken und in ihre Herzen den Keim der Gewissensbisse zu setzen. Manchmal sieht man auf Erden, wie Menschen, die man für ehrlich hielt, sich zu Füßen eines Priesters eines Verbrechens beschuldigen. Das ist die Reue, die sie zum Geständnis ihrer Schuld zwingt. Und wenn sich der Schleier, der dich von der unsichtbaren Welt trennt, heben würde, so würdest du oft einen Geist kommen sehen, der mitschuldig oder der Anstifter des Verbrechens war, um seinen Fehler dadurch wiedergutzumachen, indem er Reue in dem inkarnierten Geist weckt, wie Jacques Latour es versuchen wird.
Dein schützender Geistführer
Das Brüsseler Medium, das die erste Kundgebung von Latour empfangen hatte, bekam später folgende Mitteilung:
Fürchten Sie nichts mehr von mir! Ich bin ruhiger, aber ich leide trotzdem noch. Gott hat Erbarmen mit mir gehabt, denn er hat meine Reue gesehen. Jetzt leide ich unter dieser Reue, die mir die Ungeheuerlichkeit meiner Fehler zeigt.
Wäre ich im Leben gut geleitet worden, hätte ich all das Böse, das ich getan habe, nicht getan. Aber meine Instinkte sind nicht gezügelt worden, und ich habe ihnen gehorcht, weil ich keine Grenzen kannte. Wenn alle Menschen mehr an Gott dächten oder wenigstens alle Menschen an Ihn glaubten, würden solche Verbrechen nicht mehr begangen werden.
Aber die Gerechtigkeit der Menschen wird falsch verstanden. Für einen, manchmal leichten Fehler, wird ein Mensch ins Gefängnis gesteckt, das immer ein Ort der Verderbtheit und Bösartigkeit ist. Völlig verdorben durch die üblen Ratschläge und schlechten Beispiele, die er dort bekommen hat, kommt er wieder heraus. Ist seine Natur jedoch ausreichend gut und stark, um dem schlechten Beispiel zu widerstehen, dann sind ihm, wenn er endlich das Gefängnis verlässt, alle Türen verschlossen, alle Hände ziehen sich vor ihm zurück, und alle aufrichtigen Herzen stoßen ihn ab. Was bleibt ihm übrig? Verachtung und Elend, Verlassenheit, Verzweiflung, wenn er gute Vorsätze in sich fühlt, zum Guten zurückzukehren; das Elend treibt ihn zu allem. Auch er verachtet dann seinen Mitmenschen, hasst ihn, verliert alles Bewusstsein für Gut und Böse, da er sich ja abgestoßen sieht, obwohl er den Entschluss gefasst hatte, ein guter Mensch zu werden. Um sich das Nötige zu beschaffen, stiehlt er. Manchmal tötet er, und dann wird er geköpft!
Mein Gott, in dem Augenblick, wo meine Halluzinationen mich wieder erfassen wollen, fühle ich Deine Hand, die sich nach mir ausstreckt. Ich fühle Deine Güte, die mich umhüllt und schützt. Danke, mein Gott! In meinem nächsten Leben werde ich meinen Verstand und all mein Gut dazu einsetzen, den Unglücklichen, die unterlegen sind, beizustehen und sie vor dem Fall zu bewahren.
Dank Ihnen, die sich nicht weigerten, mit mir zu kommunizieren, seien Sie ohne Furcht. Sie sehen, dass ich nicht schlimm bin. Wenn Sie an mich denken, vergegenwärtigen Sie sich nicht das Bild, das Sie von mir gesehen haben, sondern erinnern Sie sich an eine arme, tief betrübte Seele, die Ihnen für Ihre Nachsicht dankt.
Leben Sie wohl! Rufen Sie mich weiterhin und beten Sie zu Gott für mich!
Latour
Abhandlung über das Geistwesen Jacques Latour
Man kann die Tiefe und die hohe Tragweite einiger der in dieser Mitteilung enthaltenen Aussagen wohl erkennen. Sie gibt außerdem einen Blick in die Welt der bestraften Geister, über dem man jedoch die Barmherzigkeit Gottes erkennen kann. Die mythologische Allegorie der Eumeniden ist nicht so lächerlich wie man glaubt. Die Dämonen, die amtlichen Peiniger der unsichtbaren Welt, die im Glauben der Neuzeit an ihre Stelle treten, sind weniger vernünftig mit ihren Hörnern und Gabeln, als diese Opfer, die selbst zur Bestrafung der Schuldigen dienen.
Erkennt man die Identität jenes Geistes an, dann wird man sich vielleicht wundern über so eine schnelle Veränderung seines moralischen Zustandes. Tatsache ist, wie wir bei einer anderen Gelegenheit hingewiesen haben, dass es bei einem brutal bösartigen Geistwesen oft mehr Rettungsmittel gibt als bei einem, das von Hochmut beherrscht ist oder das seine Laster unter dem Mantel der Heuchelei verbirgt. Diese schnelle Bekehrung zur besseren Gesinnung zeigt eine mehr wilde als böse Natur, der bloß eine gute Lenkung gefehlt hat. Vergleicht man seine Ausdrucksweise mit der eines anderen Verbrechers, der weiter unten unter dem Titel “Bestrafung durch das Licht” erwähnt wird, ist es leicht zu sehen, welcher von beiden der in moralischer Hinsicht mehr fortgeschrittenere ist, trotz des Unterschieds in ihrer Bildung und gesellschaftlichen Stellung. Der eine gehorchte einem naturgemäßen Trieb grober Wildheit, einer Art von Überreiztheit, während der andere beim Begehen seiner Verbrechen Ruhe und Kaltblütigkeit einer langsamen und beharrlichen Berechnung mitbrachte und noch nach seinem Tod der Strafe durch Hochmut trotzte. Er leidet, will es aber nicht eingestehen, der andere ist sofort gebändigt. Man kann auf diese Weise voraussehen, welcher von beiden am längsten leiden wird.
"Ich leide”, sagt der Geist von Latour, “von jener Reue, die mir die Ungeheuerlichkeit meiner Fehler zeigt." Da liegt ein tiefgründiger Gedanke. Der Geist begreift wirklich die Schwere seiner Missetaten erst, wenn er bereut. Reue führt das Bedauern, das innere Schuldgefühl herbei, ein schmerzliches Gefühl, als Übergang vom Bösen zum Guten hin, von moralischer Krankheit zu moralischer Gesundheit. Um dem zu entgehen, trotzen die bösartigen Geister der Stimme ihres Gewissens, wie jene Kranken, die das Heilmittel ablehnen, das sie zur Genesung führt. Sie versuchen sich darüber Illusionen zu machen, sich zu betäuben, indem sie im Bösen verharren. Latour ist an dem Punkt angelangt, wo die Gefühllosigkeit schließlich nachlässt. Das Schuldgefühl ist in sein Herz eingedrungen. Die Reue folgte, und er begreift den Umfang des Bösen, das er getan hat. Er sieht seine Fehler und er leidet darunter. Deshalb sagt er: "Ich leide unter dieser Reue." In seiner vorhergehenden Inkarnation musste er schlimmer gewesen sein als in dieser letzten. Denn wenn er bereut hätte, wie er das heute tut, wäre sein Leben ein besseres gewesen. Die Vorsätze, die er jetzt fasst, werden auf sein künftiges irdisches Dasein Einfluss haben. Jenes, das er zuletzt verlassen hat, so verbrecherisch es gewesen sein mag, hat für ihn eine Etappe des Fortschritts markiert. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass er vor dessen Beginn, d.h. im Zustand des Umherirrens, einer jener gegen die Ordnung aufbegehrenden, im Bösen verhärteten Geister war, von denen man so viele sieht.
Es haben viele gefragt, welchen Gewinn man aus den vergangenen Existenzen ziehen könne, da man sich ja weder daran erinnert, was man gewesen ist, noch, was man getan hat.
Die Frage ist vollständig beantwortet durch die Tatsache, dass, wenn das Böse, das wir getan haben, getilgt ist und in unserem Herzen keine Spur davon zurückbleibt, die Erinnerung daran unnütz wäre, weil wir uns darum keine Sorgen zu machen brauchen. Das, was wir nicht vollständig korrigiert haben, erkennen wir an unseren gegenwärtigen Neigungen. Auf diese müssen wir unsere ganze Aufmerksamkeit richten. Es genügt zu wissen, was wir sind, ohne dass wir wissen müssen, was wir gewesen sind.
Wenn man die Schwierigkeit bedenkt, die die Rehabilitation während des Lebens für den meistbereuenden Schuldigen macht und dann die Ablehnung, der er ausgesetzt ist, so muss man Gott dafür preisen, dass er einen Schleier über die Vergangenheit geworfen hat. Wenn Latour rechtzeitig verurteilt und selbst wenn er freigesprochen worden wäre, so hätte seine Vorgeschichte seine Ausgrenzung aus der menschlichen Gesellschaft bewirkt. Wer hätte ihm, trotz seiner Reue, Vertrauen schenken wollen. Die Gefühle, die er heute als Geist bezeugt, gibt uns Hoffnung, dass er in seiner nächsten Inkarnation ein rechtschaffener Mann sein wird, geachtet und angesehen. Aber nehmen wir einmal an, man wüsste, dass er Latour gewesen ist, dann würde ihn wiederum Ablehnung verfolgen. Der über seine Vergangenheit geworfene Schleier öffnet ihm die Tür zur Wiedereingliederung. Er wird sich ohne Furcht und Scham mitten unter die anständigsten Menschen setzen können. Wie viele gibt es, die um jeden Preis gewisse Jahre ihres Lebens aus dem Gedächtnis der Menschen löschen können möchten!
Finde eine Lehre, die besser mit Gottes Gerechtigkeit und Güte zu vereinbaren ist als diese! Außerdem ist diese Lehre keine Theorie, sondern ein Ergebnis von Beobachtungen. Es sind nicht die Spiritisten, die sie erdacht haben. Sie haben die verschiedenen Situationen gesehen und beobachtet, in denen sich die Geister mitteilten. Sie haben versucht, sich diese zu erklären, und aus dieser Erklärung ist die Lehre entstanden. Wenn sie diese angenommen haben, so geschah es, weil sie aus den Tatsachen hervorgeht und weil sie ihnen vernünftiger erschienen ist als all jene, die bis zum heutigen Tag über die Zukunft der Seele geäußert worden sind.
Man kann diesen Mitteilungen eine hohe moralische Belehrung nicht absprechen, nicht wahr? Der Geist mag in seinen Überlegungen und vor allem in der Wahl seiner Ausdrücke von fortgeschrittenen Geistern unterstützt werden, aber in einem solchen Fall geben letztere nur in der Form und nicht im Inhalt Hilfestellung und bringen den niederen Geist nie in Widerspruch mit sich selbst. Sie konnten bei Latour die Form der Reue ausschmücken, aber sie hätten ihn nicht die Reue gegen seinen Willen ausdrücken lassen können, weil der Geist seinen freien Willen hat. Sie sahen in ihm einen Keim guter Gefühle und deshalb haben sie ihm geholfen, sich auszudrücken und haben dadurch zu deren Entwicklung beigetragen, während sie gleichzeitig Anteilnahme auf ihn lenkten.
Gibt es etwas Ergreifenderes, Moralischeres, das tiefer beeindrucken könnte, als das Bild dieses großen reumütigen Verbrechers, der seiner Verzweiflung und seinen Schuldgefühlen Luft macht, der inmitten seiner Qualen, verfolgt von dem unablässigen Blick seiner Opfer, seine Gedanken zu Gott erhebt, um dessen Barmherzigkeit anzuflehen? Ist das nicht ein heilsames Beispiel für die Schuldigen? Man begreift die Art seiner Ängste. Sie sind nachvollziehbar und schrecklich, aber einfach ohne gespenstische Inszenierung.
Man könnte sich vielleicht wundern über eine so große Wandlung bei einem Menschen wie Latour, aber warum sollte er keine Reue empfunden haben? Warum sollte es in ihm keine schwingende, empfindsame Saite geben. Sollte der Schuldige denn auf immer dem Bösen geweiht sein? Kommt nicht ein Zeitpunkt, an dem es hell in seiner Seele wird? Dieser Zeitpunkt war für Latour gekommen. Genau da liegt die moralische Seite seiner Mitteilungen. Es ist die Einsicht, die er in seiner Lage hat. Sein Bedauern und seine Vorsätze zum Wiedergutmachen sind überaus lehrreich. Was hätte man Ungewöhnliches daran gefunden, wenn er vor dem Sterben aufrichtig bereut hätte. Wenn er vorhergesagt hätte, was er danach gesagt hat? Hat man nicht zahlreiche Beispiele davon?
Eine Bekehrung zum Guten vor seinem Tode hätte in den Augen der meisten von Seinesgleichen als Schwäche gegolten. Seine Stimme aus dem Jenseits ist die Enthüllung der Zukunft, die sie erwartet. Er hat völlig recht, wenn er sagt, sein Beispiel sei geeigneter, die Schuldigen zurückzubringen, als die Perspektive der Flammen der Hölle oder selbst das Schafott. Warum sollte man es ihnen nicht in den Gefängnissen geben? Das würde mehr als einen von ihnen nachdenklich machen, wie wir schon mehrere Beispiele haben. Wie aber soll man an die Wirkungskraft der Worte eines Toten glauben, wenn man selber glaubt, wenn man tot sei, sei alles aus? Es wird jedoch der Tag kommen, wo man die Wahrheit erkennen wird, dass die Toten kommen können, um den Lebenden Kenntnisse zu vermitteln.
Es gibt mehrere andere wichtige Belehrungen, die man aus diesen Mitteilungen ziehen kann. Es ist zunächst die Bestätigung jenes Prinzips der ewigen Gerechtigkeit, wonach die Reue nicht genügt, um den Schuldigen in die Reihe der Erwählten zu stellen. Reue ist der erste Schritt zur Rehabilitation, die nach der Barmherzigkeit Gottes ruft. Sie ist das Vorspiel der Vergebung und der Abkürzung der Leiden. Aber Gott spricht nicht bedingungslos frei. Es bedarf der Sühne und vor allem der Wiedergutmachung. Das begreift Latour und darauf bereitet er sich vor.
Zweitens, wenn man diesen Verbrecher mit dem von Castelnaudary vergleicht, findet man einen großen Unterschied in der Strafe, die ihnen auferlegt wurde. Bei letzterem ist die Reue zögernd gekommen und infolgedessen das Leiden länger gewesen. Dieser Schmerz ist außerdem beinahe körperlich, während das Leiden bei Latour eher seelisch ist. Die Ursache ist, wie wir oben gesagt haben, dass bei Latour die Einsicht weit weniger entwickelt war, als bei den anderen. Es brauchte etwas, das seine schwerfälligen Sinne erreichen konnte. Aber die seelischen Schmerzen sind nicht weniger quälend für den, der an der erforderlichen Stufe angelangt ist, um sie zu begreifen. Man kann das anhand der Klagen beurteilen, die Latour ausstößt. Das ist kein Zorn, das ist der Ausdruck der Schuldgefühle, denen bald Reue folgt und darauf der Wunsch, wiedergutzumachen, um voranzuschreiten.