X. Der Körper behält die gut gezeichneten Spuren der Sorgfalt bei, mit der man sich um ihn gekümmert hat, oder der Unglücke, die er erlitten hat. Dasselbe geschieht mit der Seele. Wenn sie vom Körper befreit ist, trägt sie die deutlichen Züge ihres Charakters, ihrer Gefühle und die Spuren, die jede ihrer Taten auf ihr hinterlassen haben. Daher ist das größte Unglück, das einem Menschen passieren kann, in die andere Welt mit einer mit Schulden beladenen Seele zu gehen. Du siehst Calliclès, dass weder du noch Polus noch Gorgjas beweisen könnt, dass man ein anderes Leben führen sollte, das uns dann nützlicher ist, wenn wir drüben sind. Aus so vielen verschiedenen Meinungen ist die einzige, die unerschütterlich bleibt, die, dass es besser ist, eine Ungerechtigkeit zugefügt zu bekommen, als sie zu begehen, und dass wir vor allem uns befleißigen müssen, nicht nur den Anschein eines Ehrenmenschen zu geben, sondern einer zu sein. (Sokrates im Dialog mit seinen Schülern im Gefängnis)
Hier finden wir einen anderen wesentlichen Punkt wieder, der heute durch die Erfahrung bestätigt ist, dass die unreine Seele die Gedanken, die Neigungen, den Charakter und die Leidenschaften beibehält, die sie auf der Erde hatte. Dieser Grundsatz: Es ist besser eine Ungerechtigkeit zugefügt zu bekommen, als sie zu begehen, ist er nicht völlig christlich? Es ist der gleiche Gedanke, den Jesus mit diesem Beispiel zum Ausdruck brachte: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin“. (Matthäus, Kap. XII, 38-42 und Nr. 7-8)