10. Die Juden hatten die wahren Gebote Gottes vernachlässigt, um sich an die Praktiken der von Menschen festgelegten Vorschriften zu halten, aus denen die strengen Beobachter Gewissensfragen gemacht hatten. Der Hintergrund verschwand schließlich unter der Komplikation der Form. Da es viel einfacher war, die äußeren Handlungen zu beachten, als sich moralisch zu ändern; sich die Hände zu waschen, anstatt sein Herz zu reinigen, so haben die Menschen sich selbst getäuscht und sie glaubten Gott gegenüber quitt zu sein, weil sie sich an diese Praktiken anpassten, und sie blieben dabei wie sie waren; denn man hatte sie gelehrt, dass Gott nicht mehr verlangt. Deswegen sagte der Prophet: – Es ist umsonst, dass dieses Volk mich mit den Lippen ehrt, indem es menschliche Grundsätze und Anordnungen lehrt.
Dasselbe war mit der moralischen Lehre Christus, die letztendlich an die zweite Stelle gesetzt worden ist, was viele Christen nach dem Beispiel der früheren Juden dazu führte zu glauben, dass ihre Rettung mehr durch die äußerlichen Praktiken gesichert sei als durch diejenige der Moral. Es sind diese Zusätze, die der Mensch zum Gesetz Gottes hinzugefügt hat, auf die Jesus anspielte, als Er sagte: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerissen werden.
Das Ziel der Religion ist es, den Menschen zu Gott zu führen. Der Mensch kommt aber nur bei Gott an, wenn er vollkommen ist. Folglich erreicht jegliche Religion, die den Menschen nicht besser macht, nicht ihr Ziel. Diejenige, auf die man glaubt sich stützen zu können, um das Böse zu machen, ist entweder falsch oder in ihrem Grundsatz verfälscht worden. Dementsprechend ist das Resultat von denjenigen, bei denen sich die Form über den Hintergrund durchsetzt. Der Glauben an die Wirksamkeit der äußerlichen Zeichen ist gleich null, wenn er nicht verhindern kann, dass man Totschläge, Ehebrüche, Raub, Verleumdungen begeht und dem Nächsten Unrecht tut, in welcher Form auch immer. Eine solche Religion macht abergläubische, heuchlerische und fanatische Menschen, keineswegs aber gute Menschen.
Es genügt daher nicht, den Anschein der Reinheit zu haben, es ist vor allem nötig, die Reinheit des Herzens zu haben.