DAS EVANGELIUM AUS DER SICHT DES SPIRITISMUS

Allan Kardec

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13. Mein Name ist Nächstenliebe. Ich bin der Hauptweg, der zu Gott führt. Folgt mir, denn ich bin das Ziel, nach dem ihr alle streben sollt.


Ich habe an diesem Morgen meine gewöhnliche Tour gemacht, und im Herzen betrübt, komme ich, um euch zu sagen: Oh! meine Freunde, wie viel Elend, wie viele Tränen, und wie viel habt ihr zu tun, um sie alle zu trocknen! Vergeblich habe ich versucht, die armen Mütter zu trösten, indem ich ihnen ins Ohr sagte: Habt Mut! Es gibt gütige Herzen, die auf euch aufpassen; man wird euch nicht verlassen. Habt Geduld! Gott ist hier; und ihr seid SEINE Geliebten, ihr seid SEINE Auserwählten. Sie schienen mich zu hören und blickten mit ihren großen verwirrten Augen in meine Richtung. Ich sah in ihren armen Gesichtern, dass der Körper – dieser Tyrann des Geistes – Hunger hatte, und dass, wenn auch meine Worte ihnen das Herz ein bisschen beruhigte, sie ihnen den Magen aber nicht füllen konnten. Ich wiederholte immer noch: Habt Mut! Habt Mut! Eine sehr junge arme Mutter, die ein kleines Kind stillte, nahm es darauf in die Arme und hob es in den leeren Raum, als ob sie mich darum bitten würde, dass ich dieses arme und kleine Wesen beschützen möge, das aus einer schlaffen Brust nicht genügend Nahrung bekam.


Anderen Orts, meine Freunde, habe ich arme alte Menschen ohne Arbeit gesehen, und infolge dessen ohne Unterkunft und allen Leiden der Armut ausgeliefert, und beschämt wegen ihrer Misere, die es nicht wagten, sie, die nie gebettelt haben, die Erbarmung der Passanten zu erbetteln. Mit dem Herzen voller Mitgefühl, ich, die nichts besitzt, habe aus mir eine Bettlerin für sie gemacht, und ich gehe überall hin, um die Wohltätigkeit zu stimulieren, den großzügigen und mitfühlenden Herzen gute Gedanken einzuflößen. Deswegen komme ich zu euch, meine Freunde, und sage euch: Dort unten gibt es Unglückliche, auf deren Tisch das Brot fehlt, die Kamine ohne Feuer und das Bett ohne Decken sind. Ich sage euch nicht, was ihr machen sollt; ich überlasse euren gütigen Herzen diese Initiative. Wenn ich euch Verhaltensregeln vorschreiben würde, würdet ihr kein Verdienst für eure gute Tat haben. Ich sage euch nur: Ich bin die Nächstenliebe und ich reiche euch die Hand, für eure leidenden Brüder und Schwestern. Wenn ich aber um etwas bitte, gebe ich auch, und ich gebe viel. Ich lade euch zu einem großen Bankett ein und ich liefere euch den Baum, von dem ihr euch alle sättigen sollt. Seht wie schön er ist, wie er voller Blüten und Früchten ist! Geht, pflückt, nehmt alle Früchte von diesem schönen Baum, der Wohltätigkeit heißt. An die Stelle der Äste, die ihr von ihm genommen habt, werde ich alle guten Taten anbringen, die ihr vollbracht habt, und werde diesen Baum zu Gott bringen, damit ER ihn von neuem befruchten kann, denn die Wohltätigkeit ist unerschöpflich. Folgt mir, meine Freunde, damit ich euch zu denen zählen kann, die sich unter meinem Banner aufstellen. Seid ohne Angst; ich werde euch auf den Weg der Erlösung führen, denn ich bin die Nächstenliebe. (Carita, Märtyrerin in Rom. Lyon, 1861)