51. Vorwort.
Von allen Freiheiten ist jene des Denkens die am wenigsten antastbare, sie umfasst auch die Freiheit des Gewissens. Diejenigen zu verdammen, die nicht wie wir denken, bedeutet, diese Freiheit nur für sich allein in Anspruch zu nehmen und sie den andern zu verweigern; das bedeutet auch, das erste Gebot Jesu zu übertreten: die Wohltätigkeit und die Nächstenliebe. Jemanden aufgrund seines Glaubens zu verfolgen, heißt gegen das heiligste Recht zu verstoßen, das jeder Mensch besitzt: nämlich an das zu glauben, was ihm gefällt und Gott anzubeten, wie es ihm richtig erscheint. Jemanden zu äußerlichen Handlungen zu zwingen, die den unsrigen entsprechen, zeigt, dass wir mehr Wert auf die Form als auf das Wesentliche legen, mehr auf den Schein als auf die Überzeugung. Die erzwungene Abschwörung hat niemals irgendjemanden zum wahren Glauben geführt, sie kann nur Heuchler erzeugen. Es ist ein Missbrauch physischer Kräfte, die nicht in der Lage sind, die Wahrheit zu beweisen. Die Wahrheit ist sich ihrer sicher; sie überzeugt und verfolgt nicht, weil sie nicht zu verfolgen braucht.
Der Spiritismus ist eine Idee, ein Glaube; und wenn er sogar eine Religion wäre, hätte man nicht auch die Freiheit, sich einen Spiritisten zu nennen, so wie man die Freiheit hat, sich einen Katholiken, einen Protestanten, einen Juden zu nennen oder einen Anhänger von dieser oder jener philosophischen Lehre, von diesem oder jenem wirtschaftlichen System? Dieser Glaube kann ein Irrtum oder wahr sein. Falls er ein Irrtum ist, wird er von selber fallen, da Irrtümer sich niemals gegen die Wahrheit durchsetzen können, wenn der Verstand erleuchtet wird. Falls er aber wahr ist, so wird ihn die Verfolgung nicht in einen Irrtum verwandeln.
Die Verfolgung ist die Taufe aller neuen Ideen, die groß und gerecht sind, und sie nimmt mit der Größe und Wichtigkeit einer Idee zu. Die Wut und der Zorn ihrer Feinde stehen im Verhältnis zu der Furcht, die sie ihnen einflößt. Dies ist der Grund, warum das Christentum früher verfolgt wurde, und dies ist auch der Grund für die heutige Verfolgung des Spiritismus, allerdings mit dem Unterschied, dass das Christentum von den Heiden verfolgt wurde, während der Spiritismus von den Christen verfolgt wird. Es stimmt, dass die Zeiten der blutigen Verfolgungen vorbei sind, aber wenn man den Körper nicht mehr tötet, dann quält man die Seele. Man greift sie an, bis hin zu ihren innersten Gefühlen, ihren wertvollsten Zuneigungen und Lieben. Man trennt die Familien, man hetzt die Mutter gegen die Tochter auf, die Ehefrau gegen den Ehemann, man greift selbst den Körper in seinen materiellen Bedürfnissen an, indem man ihm seinen Broterwerb wegnimmt, um ihn durch den Hunger zu niederzudrücken. (Kap. XXIII, Nr. 9 und folgende).
Spiritisten, seid nicht bekümmert über die Schläge, die man euch versetzt, sie beweisen, dass ihr Recht habt, denn wenn es nicht so wäre, würde man euch in Frieden lassen und man würde euch nicht angreifen. Das ist eine Prüfung für euren Glauben, denn an eurem Mut, an eurer Ergebenheit und an eurer Geduld wird Gott euch unter SEINEN treuen Dienern wiedererkennen, die ER ab heute zählt, um jedem den Anteil zukommen zu lassen, der ihm gemäß seiner Werke zusteht.
Gemäß dem Beispiel der ersten Christen, seid stolz, euer Kreuz zu tragen. Glaubt an das Wort Christi, das sagt: „Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich. Fürchtet euch nicht vor jenen, die zwar den Leib, aber nicht die Seele töten können.“ Er sagte auch: „Liebt eure Feinde, tut jenen Gutes, die euch Böses antun, und betet für diejenigen, die euch verfolgen.“ Zeigt, dass ihr seine wahren Jünger seid und dass eure Lehre gut ist, indem ihr tut, was Er gesagt hat und was Er selbst getan hat.
Die Verfolgung wird vorübergehend sein. Wartet geduldig auf den Sonnenaufgang, denn der Morgenstern zeigt sich schon am Horizont. (Kap. XXIV, Nr. 13 und folgende).