DAS EVANGELIUM AUS DER SICHT DES SPIRITISMUS

Allan Kardec

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9. Neben dieser moralischen Frage besteht eine reale, nicht weniger wichtige Betrachtung, die mit der eigentlichen Art der Fähigkeit verbunden ist. Die ernsthafte Medialität darf nie und wird nie ein Beruf sein, nicht nur weil sie sich moralisch in Misskredit bringen würde und schnell mit Wahrsagerei gleichgestellt würde, sondern weil sich dem auch noch ein materielles Hindernis entgegenstellt; sie ist eine im wesentlichen unbeständige, flüchtige und veränderliche Fähigkeit von ungewisser Dauer, mit deren Beständigkeit niemand rechnen kann. Sie wäre daher für den Nutzer eine völlig unsichere Hilfsquelle, die ihm in dem Moment fehlen könnte, wo er sie ihm am nötigsten brauchen würde. Eine andere Sache ist eine Fähigkeit, die durch Studium und Arbeit erworben wurde, aus dieser darf natürlich Nutzen gezogen werden. Die Medialität ist weder eine Kunst noch eine Begabung, daher kann sie nicht zum Beruf gemacht werden; sie existiert nur dank der Mitwirkung der Geister. Falls die Geister ausbleiben, gibt es keine Medialität; die Fähigkeit kann zwar fortbestehen, aber ihre Ausübung ist nicht möglich. Aus diesem Grund gibt es kein einziges Medium auf der Welt, das die Erlangung eines spiritistischen Phänomens zu einem bestimmten Moment garantieren kann. Die Medialität zu nutzen bedeutet, über etwas zu verfügen, was man nicht wirklich besitzt; das Gegenteil zu behaupten, hieße denjenigen zu betrügen, der bezahlt. Es gibt noch mehr drüber zu sagen: Man verfügt nicht über sich selbst, sondern über die Geister, die Seelen der Toten, deren Mitwirkung gefordert ist. Dieser Gedanke stößt instinktiv ab. Und dieser Handel war es - in Missbrauch ausgeartet – der durch Scharlatanerie, Unwissenheit, Leicht-gläubigkeit und Aberglauben ausgebeutet wurde, der Anlass für das Verbot Moses gab. Der Spiritismus heute hat die seriöse Seite dieser Angelegenheit verstanden und erhob die Medialität auf den Rang einer Mission, er brachte diese Art von Ausbeutung in Misskredit. (Siehe „Das Buch der Medien“, Kap. XXVIII und „Himmel und Hölle“, Kap. XI)