DAS EVANGELIUM AUS DER SICHT DES SPIRITISMUS

Allan Kardec

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I. Allgemeine Gebete

Das Vaterunser


2. Vorwort. Die Geister haben empfohlen, das Vaterunser an den Anfang diese Sammlung zu setzen, es soll nicht nur als Gebet verstanden werden, sondern auch als Symbol. Von allen Gebeten stellen sie es an die erste Stelle, zum einen, weil es Jesus selbst uns gegeben hat (Sankt Matthäus, Kap. VI, 9-13) und zum anderen, weil es alle Gebete ersetzen kann, je nach den Gedanken, die man damit verbindet. Es ist das perfekteste Modell in seiner Knappheit und ein wirklich großartiges Meisterwerk der Einfachheit. In einer streng zusammengefassten Form beinhaltet es alle Pflichten des Menschen gegenüber Gott, sich selbst und dem Nächsten. Es umfasst ein Glaubensbekenntnis, die Anbetung und Ergebenheit, die Bitte um die wichtigen Dinge des Lebens und das Prinzip der Nachstenliebe. Dieses Gebet für jemanden zu sprechen bedeutet, für ihn das Gleiche zu erbitten, wie für sich selbst.


Weil es kurz gefasst ist, entgeht den meisten Menschen indessen der tiefere Sinn, der einigen darin enthaltenen Worten zugrundeliegt. Deswegen beten sie es im Allgemeinen, ohne ihre Gedanken auf die Anwendung der einzelnen darin enthaltenen Aussagen zu lenken. Sie sprechen es wie eine Formel, deren Wirkungskraft sich nach der Anzahl der Wiederholungen richtet. In fast allen Fällen ist es eine der kabbalistischen Zahlen, die 3, die 7 oder die 9, die aus dem altertümlichen Aberglauben an die Kraft der Zahlen stammen und die heute noch in magischen Praktiken verwendet werden.


Um die Lücke auszufüllen, die die Kürze dieses Gebetes in unseren Gedanken hinterlässt, wurde jedem Vorschlag eine Erläuterung hinzugefügt, die dessen Sinn und Anwendung klarstellt, dem guten Rat der Geister folgend und mit deren Unterstützung. Je nach Umständen und vorhandener Zeit kann man das Vater Unser einfach oder ausführlich sprechen.


3.Gebet.


I. Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name!


Wir glauben an DICH Herr, weil alles DEINE Macht und DEINE Güte offenbart. Die Harmonie des Universums bezeugt eine Weisheit, eine Klugheit und eine Vorsorge, die alle menschlichen Fähigkeiten übersteigen. In der gesamten Schöpfung, vom Grashalm und vom kleinsten Insekt bis zu den Gestirnen, die sich im Universum bewegen, findet sich der Name eines überwältigend großen und weisen Wesens. Überall stoßen wir auf Beweise DEINER väterlichen Hilfsbereitschaft. Blind ist also der, der DICH in DEINEN Werken nicht erkennt; stolz ist der, der DICH nicht verherrlicht und undankbar ist der, der DIR nicht Dank erweist.


II. Dein Reich komme!


Herr, du hast der Menschheit Gesetze voller Weisheit gegeben, die sie glücklich machen würden, wenn sie diese befolgten. Mit diesen Gesetzen könnten sie Frieden und Gerechtigkeit walten lassen und einander behilflich sein, statt sich gegenseitig zu schaden, wie sie es tun. Der Starke würde den Schwachen unterstützen, statt ihn zu erdrücken. Übel, die aus Missbrauch und Ausschweifungen entstehen, könnten vermieden werden. Das ganze Elend dieser Welt resultiert aus der Verletzung DEINER Gesetze, denn es gibt keine einzige Verletzung dieser Gesetze, die keine fatalen Folgen nach sich zieht.


Den Tieren hast du den Instinkt gegeben, der ihnen die Grenzen für das Notwendige zeigt, und mit dem sie sich auf natürliche Art zufriedengeben. Dem Menschen jedoch hast DU außer dem Instinkt die Intelligenz und die Vernunft gegeben. Du hast ihm auch die Freiheit gegeben, jene DEINER Gesetze, die ihn persönlich betreffen, zu befolgen oder zu übertreten, d.h. die Freiheit zwischen Gut und Böse zu wählen, damit ihm das Verdienst und die Verantwortung seiner Handlungen zukommen.


Niemand kann Unkenntnis DEINER Gesetze vorgeben, weil DU in DEINER väterlichen Fürsorge dafür gesorgt hast, dass sie in das Bewusstsein eines jeden eingeprägt wurden, ohne Unterscheidung, welchem Kult sie folgen oder welcher Rasse sie angehören. Jene, die sie verletzen, verleugnen DICH.


Gemäß DEINEM Versprechen wird der Tag kommen, an dem alle DEINE Gesetze befolgt werden. Die Ungläubigkeit wird dann verschwunden sein. Alle werden DICH als den erhabenen Herrn über alles anerkennen und die Herrschaft DEINER Gesetze wird DEIN Reich auf dieser Erde sein.


O Herr, habe die Güte, sein Kommen zu beschleunigen und gewähre den Menschen die nötige Erleuchtung, die sie auf den Weg der Wahrheit führen wird.


III. Dein Wille geschehe, sowohl im Himmel, wie auf Erden!


Wenn die Fügsamkeit des Sohnes zu seinem Vater, von dem Untergebenen gegenüber dem Vorgesetzen eine Pflicht ist, um wie viel größer muss sie dann vom Geschöpf zu seinem Schöpfer sein! Herr, DEINEN Willen zu befolgen heißt: DEINE Gesetze zu beachten und sich DEINEN göttlichen Bestimmungen ohne Klage zu unterziehen. Der Mensch wird sich DEINEN Gesetzen unterwerfen, wenn er verstehen wird, dass DU die Quelle aller Weisheit bist und dass er ohne DICH nichts ausrichten kann. Er wird dann DEINEN Willen auf der Erde befolgen, wie es die Auserwählten im Himmel tun.


IV. Unser tägliches Brot gib uns heute!


Gib uns die Nahrung, die für den Erhalt der Kräfte unseres Körpers notwendig ist; gib uns aber auch die geistige Nahrung für die Entwicklung unseres Geistes.


Das Tier findet sein Futter, aber der Mensch verdankt seinen Erhalt seiner eigenen Arbeit und den Hilfsmitteln seiner Intelligenz, weil DU ihn frei erschaffen hast.


DU hast zu ihm gesagt: „Im Schweiße deines Angesichts wirst du deine Nahrung aus dem Boden herausholen“. Auf diese Weise hast DU ihm die Arbeit zur Pflicht gemacht, damit er, auf der Suche nach Mitteln zur Befriedigung seiner Bedürfnisse und seines Wohlergehens, seine Intelligenz ausüben kann; einige tun dies durch körperliche, andere durch geistige Arbeit. Ohne Arbeit würde der Mensch nicht vorankommen und könnte nicht die Glückseligkeit eines höheren geistigen Wesens anstreben.



DU hilfst dem gutwilligen Menschen, der sich DIR für das Notwendige anvertraut, nicht aber jenem, der am Müßiggang Gefallen findet und alles ohne Anstrengung zu erhalten wünscht; und auch nicht jenem, der den Überfluss sucht. (Kap. XXV)


Wie viele unterliegen durch ihre eigene Schuld, wegen ihrer Fahrlässigkeit, wegen ihres Leichtsinns, wegen ihres Ehrgeizes und weil sie sich nicht zufrieden geben wollten mit dem, was DU ihnen gegeben hast! Diese sind die Urheber ihres eigenen Unglücks und haben nicht das Recht sich zu beklagen, weil sie damit bestraft werden, wodurch sie gesündigt haben. Aber auch diese verlässt DU nicht, denn DU bist unendlich barmherzig und streckst ihnen immer DEINE hilfreiche Hand entgegen, sobald sie wie der verlorene Sohn ehrlich zu DIR zurückkehren. (Kap. V, Nr.4)


Bevor wir uns über unser Schicksal beklagen, sollten wir uns selbst fragen, ob es nicht unser eigenes Werk ist. Bei jedem Unglück, das uns trifft, sollten wir uns fragen, ob in unseren Händen nicht die Möglichkeit gelegen hätte, dies zu verhindern. Wir sollen uns auch sagen, dass Gott uns die Intelligenz gegeben hat, um uns selber aus diesem Morast herauszuziehen, und dass es von uns abhängt, wie wir sie einsetzen.


Da das Gesetz der Arbeit eine Bedingung des Menschen hier auf Erde ist, gib uns den Mut und die Kraft, dieses Gesetz zu erfüllen; gib uns auch die Klugheit, den Weitblick und die Mäßigung, damit die Früchte unserer Arbeit nicht verloren gehen.


Gib uns also Herr unser tägliches Brot, d.h. die Mittel, mit denen wir durch die Arbeit die lebensnotwendigen Dinge erwerben können, denn niemand hat das Recht, Überfluss zu beanspruchen.


Falls es uns nicht möglich ist zu arbeiten, vertrauen wir auf DEINE göttliche Vorsehung.


Und wenn es in DEINEN Plänen steht, uns trotz unserer Anstrengungen durch die härtesten Entbehrungen zu prüfen, nehmen wir diese als eine gerechte Buße für unsere Fehler an, die wir in diesem oder in einem vorherigen Leben begangen haben, denn DU bist gerecht. Wir wissen, dass es keine unverdienten Leiden gibt und dass DU nie ohne einen Grund bestrafst.


Bewahre uns davor, oh mein Gott! dass wir neidisch werden auf die, die das besitzen, was wir nicht haben, auch nicht auf die, die im Überfluss leben, während uns das Notwendige fehlt. Verzeih ihnen, wenn sie das Gesetz der Wohltätigkeit und der Nächstenliebe vergessen haben, das DU sie gelehrt hast. (Kap. XVI, Nr. 8)


Entferne auch aus unserem Geist den Gedanken, DEINE Gerechtigkeit zu verleugnen, wenn wir den Wohlstand der Bösen bemerken und das Elend, das manchmal über einen guten Menschen hereinbricht. Dank der neuen Erkenntnisse, die DU uns zu Teil werden ließest, wissen wir, dass DEINE Gerechtigkeit immer in Erfüllung geht und niemand ausgeschlossen ist und dass der materielle Wohlstand der Bösen so kurzlebig ist wie ihr körperliches Dasein und dass sie schreckliche Rückschläge erleben werden, während die Freude derer, die mit Ergebenheit leiden, ewig sein wird. (Kap. V, Nr. 7,9,12,18) V. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben.


Vergib uns unsere Sünden, wie auch wir denjenigen vergeben, die gegen uns gesündigt haben!


Herr, alle unsere Übertretungen DEINER Gesetze sind eine Sünde DIR gegenüber, eine Schuld, die wir begangen haben und von der wir uns früher oder später befreien müssen. Im Namen DEINER ewigen Barmherzigkeit bitten wir DICH inständig um DEINE Vergebung unserer Schuld und wir versprechen DIR, dass wir all unsere Kräfte einsetzen werden, um keine neuen Übertretungen mehr zu begehen.


DU hast uns die Nächstenliebe als ausdrückliches Gesetz gegeben, aber dieses Gesetz besteht nicht nur darin, unseren Mitmenschen in ihrer Not beizustehen, es besteht auch im Vergessen und Vergeben der Kränkungen. Mit welchem Recht beanspruchen wir DEINE Milde, wenn wir diese gegenüber den andern, über die wir uns zu beklagen haben, selbst nicht anwenden?


Oh Gott! gib uns die Kraft, alle Rachegefühle in unserer Seele zu ersticken, wie auch allen Hass und Groll. Hilf uns, dass wir nicht vom Tod überrascht werden, solange in unserem Herzen noch Rachsucht herrscht. Falls es DEIN Wille ist, uns heute noch aus dieser Welt zu holen, ermögliche uns bitte, dass wir vor DIR stehen können, frei von aller Feindseligkeit, wie Christus, dessen letzten Gedanken zum Wohl seiner Peiniger waren. (Kap. X)


Die Verfolgungen, die uns die Bösen erdulden lassen, gehören zu unseren irdischen Prüfungen. Wir müssen sie, wie auch alle anderen Prüfungen, ohne Murren akzeptieren, und wir dürfen nicht diejenigen verdammen, die uns mit ihren Bosheiten den Weg zum ewigen Glück bahnen, denn DU hast uns durch den Mund Jesu gesagt: „Selig sind diejenigen, die um der Gerechtigkeit willen leiden“. Segnen wir deshalb die Hand, die uns schlägt und demütigt, denn die Wunden des Körpers stärken unsere Seele und wir werden aus unserer Demut heraus erhöht werden. (Kap. XII, Nr. 4)


Gesegnet sei DEIN Name, Herr, weil DU uns gelehrt hast, dass unser Schicksal nach dem Tod nicht unwiderruflich festgelegt ist, dass wir in anderen Existenzen die Mittel finden werden, um unsere vergangenen Fehler zu sühnen und wiedergutzumachen, in einem neuen Leben in Erfüllung zu bringen, was wir in diesem für unseren Fortschritt nicht machen konnten. (Kap. IV, Nr. 5)


Dadurch werden schließlich alle scheinbaren Regelwidrigkeiten des Lebens erklärt. Es ist das auf unsere Vergangenheit und Zukunft geworfene Licht, das augenfällige Zeichen DEINER souveränen Gerechtigkeit und DEINER unendlichen Güte.



VI. Überlass uns nicht der Verführung, sondern erlöse uns von dem Bösen. *


Gib uns die Kraft, Herr, den Einflüsterungen der bösen Geister zu widerstehen, die uns vom richtigen Weg abzubringen versuchen, indem sie uns böse Gedanken eingeben.


Wir sind aber selbst unvollkommene Geister, die auf dieser Erde inkarniert sind, um zu büßen und uns zu verbessern. Der Ursprung des Bösen ist in uns und die bösen Geister machen nichts anderes, als unsere lasterhaften Neigungen zu nutzen, bei denen sie uns unterstützen, um uns in Versuchung zu bringen.


Jede Unvollkommenheit ist eine offene Tür für ihren Einfluss, während sie gegen die vollkommenen Wesen machtlos sind und deshalb auf jegliche Versuchung verzichten. Alles, was wir unternehmen könnten, um sie zu vertreiben, ist zwecklos, wenn wir ihnen keinen unerschütterlichen Willen für das Gute entgegensetzen und gänzlich auf das Böse verzichten. Wir müssen daher unsere Anstrengungen gegen uns selbst richten, dann werden sich die bösen Geister von selbst entfernen, weil es das Böse ist, das sie anzieht, während das Gute sie zurückweist. (Siehe nachstehend die „Gebete für die Besessenen“)


Herr, stütze uns, wenn wir schwach werden; inspiriere uns durch die Stimme unserer Schutzengel und der guten Geister zu dem Wunsch, unsere Unvollkommenheit zu beseitigen, um den unreinen Geistern den Zugang zu unserer Seele zu versperren. (Siehe nachstehende Nr. 11)


Das Böse ist nicht DEIN Werk, Herr, denn die Quelle des Guten kann nicht das Böse erzeugen. Wir selbst erschaffen es, indem wir DEINE Gesetze übertreten und die Freiheit missbrau chen, die DU uns gegeben hast. Wenn die Menschen DEINE Gesetze befolgen, wird das Böse von der Erde verschwinden, wie es bereits in den fortgeschritteneren Welten verschwunden ist.


Das Böse ist für niemanden eine schicksalhafte Notwendigkeit und es erscheint nur für diejenigen unwiderstehlich, die sich ihm mit Gefallen hingeben. Wenn wir den Wunsch haben, das Böse zu tun, können wir auch den Wunsch haben, das Gute zu tun. Deshalb, oh mein Gott! bitten wir DICH um DEINE Hilfe und ebenfalls die der guten Geister, um der Versuchung widerstehen zu können.


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* Bei einigen Übersetzungen steht: „Und führe uns nicht in Versuchung“. Dieser Ausspruch würde andeuten, dass die Versuchung von Gott kommt; dass ER die Menschen absichtlich zum Bösen führt. Dies ist ein Gedanke, der einer Gotteslästerung gleichkommt, der Gott dem Satan gleichsetzt, dieser Ausspruch kann keinesfalls von Jesus stammen. Er entspricht überdies der allgemeinen Lehre über die Rolle der Dämonen. (Siehe „Der Himmel und die Hölle“, l. Teil, Kap. X, „Die Dämonen“)





VII. So sei es!


Möge es DIR gefallen, Herr, dass unsere Wünsche in Erfüllung gehen. Wir beugen uns aber vor DEINER unendlichen Weisheit. Alle Dinge, die wir nicht verstehen können, mögen nach DEINEM heiligen Willen geschehen und nicht nach unserem, denn DU willst nur unser Bestes, und DU weißt besser als wir, was für uns gut ist.


Wir richten dieses Gebet an DICH, oh Gott! für uns selbst, ebenfalls auch für alle leidenden Seelen, inkarnierte oder nicht inkarnierte, für unsere Freunde und unsere Feinde und für alle, die unseren Beistand benötigen, insbesondere für (Name der Person)


Wir bitten DICH um DEINE Barmherzigkeit und um DEINEN Segen.


Anmerkung:


Man kann hier formulieren, wofür man Gott dankt, und was man für sich selbst oder für andere erbitten möchte. (Siehe nachstehende Gebete Nr. 26 und 27)


Spiritistische Versammlungen


4. An jedem Ort, wo zwei oder drei Personen in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Matthäus, Kap. XVIII, 20)



5. Vorwort.


Versammelt sein im Namen Jesu bedeutet nicht, dass es genügt, physisch zusammen zu sein, sondern auch im geistiger Hinsicht, durch die gemeinsame Absichten und Gedanken zum Guten; dann befindet sich Jesus mitten unter den Versammelten, Er selbst oder Seine reinen Geister, die Ihn vertreten. Der Spiritismus lässt uns verstehen, wie die Geister unter uns sein können. Sie sind es mit ihren fluidalen oder spirituellen Körpern, mit einem Äußeren, an dem wir sie sofort erkennen könnten, wenn sie sich sichtbar machen würden. Je höher sie in der Hierarchie stehen, desto größer ist ihre Macht und Ausstrahlung; daher haben sie die Gabe der Allgegenwart und können an verschiedenen Orten gleichzeitig sein: sie brauchen dazu nur einen Gedankenstrahl auszusenden.


Mit diesen Worten wollte Jesus die Wirkung der Vereinigung und Brüderlichkeit zeigen. Es ist nicht die größere oder kleinere Anzahl von Menschen, die Ihn anzieht - denn anstatt zwei oder drei Personen, hätte Er zehn oder zwanzig sagen können - sondern das Gefühl der Nächstenliebe, das sie gegenseitig bewegt. Daher genügt es, wenn zwei zusammen sind. Aber wenn von diesen zwei Personen jeder für sich allein betet, dann gibt es - obwohl beide sich an Jesus richten - keine Gemeinsamkeit der Gedanken zwischen ihnen, vor allem wenn sie nicht unter dem Einfluss eines Gefühls des gegenseitigen Wohlwollens stehen; und wenn sie sich sogar gegenseitig mit Misstrauen, Hass, Neid oder Eifersucht ansehen, dann stoßen sich die fluidalen Strömungen ihrer Gedanken ab, anstatt sich durch eine gegenseitige Sympathie zu vereinen. In diesem Fall sind sie nicht im Namen Jesu versammelt; Jesus ist dann nur ein Vorwand für ihr Treffen und nicht der wahre Grund. (Kap. XXVII, Nr. 9)


Das bedeutet keineswegs, dass Er taub für die Stimme einer einzigen Person wäre. Wenn Er nicht gesagt hat: „Ich komme zu jedem, der mich ruft“, so ist das so zu verstehen, dass Er vor allem die Liebe zum Nächsten verlangt, die man besser unter Beweis stellen kann, wenn man zu mehreren ist, und nicht allein, und dass jedes persönliche Gefühl Ihn entfernt. Das heißt, wenn sich bei einer großen Versammlung nur zwei oder drei Personen durch das Gefühl der wahren Nächstenliebe vom Herzen her vereinigen, während die andern sich isolieren und sich auf egoistische und weltliche Gedanken konzentrieren, dann wird er bei diesen zwei oder drei Personen sein und nicht bei den andern. Es ist daher nicht die Gleichzeitigkeit der Worte, der Gesänge oder äußerlichen Taten, die die Versammlung im Namen Jesus ausmacht, sondern die Übereinstimmung der Gedanken gemäß dem Geist der Nächstenliebe, der durch Jesus verkörpert wurde. (Kap. X, Nr. 7 - 8; Kap. XXVII, Nr. 2 - 4).


So soll die Art und Weise einer ernsthaften spiritistischen Zusammenkunft sein, Versammlungen, in denen man aufrichtig die Mitwirkung der guten Geister wünscht.


6. Gebet - (Zu Beginn der Versammlung)


Wir bitten den Herrn den Allmächtigen Gott, uns gute Geister zu schicken, damit sie uns darin unterstützen, jene fernzuhalten, die uns irreführen könnten, und uns die notwendige Erkenntnis zu geben, um die Wahrheit vom Schwindel unterscheiden zu können.


Entferne auch feinfseligen Geister, die inkarnierten oder nicht, die versuchen könnten, Zwietracht unter uns zu säen und uns vom Wohlwollen und der Nächstenliebe abzulenken. Falls sie versuchen würden, hier einzudringen, mach, dass sie keinen Zutritt zu unseren Herzen finden.


Gute Geister, die ihr die Güte habt zu kommen, um uns zu unterweisen, macht uns zugänglich für eure Ratschläge. Entfernt von uns alle Gedanken von Egoismus, Hochmut, Neid und Eifersucht. Inspiriert uns zu der Nachsicht und zu dem Wohlwollen gegenüber unseren anwesenden und abwesenden Mitmenschen, Freunde oder Feinde. Bewirkt schließlich, dass wir an den Gefühlen, die uns beleben, euren heilsamen Einfluss erkennen.



Macht den Medien, die ihr damit betraut, uns eure Belehrungen zu übermitteln, bewusst, dass ihnen ein heiliger Auftrag anvertraut worden ist, ebenso auch, dass sie sich über den Ernsthaftigkeit der Handlung, die sie ausführen werden, im klaren sind und den dafür nötigen Eifer und die nötige innere Sammlung aufbringen.


Falls in der Versammlung sich Menschen befinden, die von anderen Absichten geleitet werden, die nicht für das Gute sind, öffnet ihre Augen für die Erkenntnis und verzeiht ihnen, so wie wir ihnen verzeihen werden, wenn sie mit bösen Absichten gekommen sind.


Wir bitten vor allem den Geist (Name), unseren geistigen Führer, uns beistehen und uns behüten.


7. Gebet - (Am Ende der Versammlung)


Wir danken den guten Geistern, die sich freundlicherweise mit uns in Verbindung gesetzt haben. Wir bitten sie, uns zu helfen, die Belehrungen anzuwenden, die sie uns gegeben haben, und alles zu tun, damit sich jeder von uns beim Verlassen der Versammlung für die Ausübung des Guten und der Nächstenliebe gestärkt fühlt.


Wir wünschen auch, dass diese Belehrungen nützlich für die leidenden, unwissenden und lasterhaften Geister sein werden, die der Versammlung beigewohnt haben und wir bitten für sie um die Barmherzigkeit Gottes.


Für die Medien


8. Am Ende der Zeit, sagt der Herr, werde ich meinen Geist über alles Fleisch ausgießen; eure Söhne und eure Töchter werden weissagen; eure Jugendlichen werden Visionen und eure Greise Träume haben. In jenen Tagen werde ich meinen Geist über meine Mägde und über meine Knechte ausgießen, und sie werden weissagen. (Die Apostelgeschichte, Kap. II, 17 und 18)



9. Vorwort.


Der Herr wollte, dass das Licht der Erlenntnis zu allen Menschen kommt und durch die Stimme der Geister überallhin durchdringt, damit jeder den Beweis der Unsterblichkeit erlangen kann. Die Geister offenbaren sich heute mit diesem Ziel in allen Teilen der Erde, und die Medialität - die sich bei Menschen jeden Alters und aller Gesellschaftsschichten, bei Männern und Frauen, bei Kindern und Greisen zeigt - ist eines der Zeichen der Erfüllung der vorausgesagten Zeiten.


Um die Dinge der sichtbaren Welt kennenzulernen und die Geheimnisse der materiellen Natur zu entdecken, gab Gott den Menschen das Sehvermögen, die Sinne und besondere Instrumente: mit dem Teleskop taucht er seinen Blick in die Tiefe des Weltraums ein, und mit dem Mikroskop entdeckt er die Welt der kleinsten Lebewesen. Um in die unsichtbare Welt einzudringen, gab Gott ihm die Medialität.


Die Medien sind die Vermittler, die beauftragt sind, die Belehrungen der Geister an die Menschen weiterzugeben; besser gesagt, sie sind die materiellen Organe, durch die die Geister sich äußern, um sich bei den Menschen verständlich zu machen. Ihre Mission ist heilig, denn sie hat das Ziel, die Horizonte des ewigen Lebens zu öffnen.


Die Geister kommen, um die Menschen über ihre zukünftigen Bestimmungen zu unterweisen, um sie auf den Weg des Guten zurückzuführen, und nicht, um ihnen die materielle Arbeit zu ersparen, die sie auf der Erde für ihren Fortschritt leisten müssen und auch nicht, um ihren Ehrgeiz und ihre Habgier zu begünstigen. Dessen müssen sich die Medien vollkommen bewusst sein, um ihre mediale Fähigkeit nicht zu missbrauchen. Wer die Bedeutung der Aufgabe versteht, die ihm verliehen wurde, erfüllt sie ehrfurchtsvoll. Sein Gewissen würde ihm eine frevelhafte Handlung vorwerfen, wenn er diese Fähigkeit - die ihn in Verbindung mit Wesen jenseits des Grabes bringt und die ihm für einen so ernsthaften Zweck gegeben wurde - zum Vergnügen und zur Unterhaltung - für sich und für die andern - einsetzen würde.



Als Interpreten der Belehrungen der Geister haben die Medien bei der moralischen Entwicklung, die sich vollzieht, eine bedeutende Rolle zu spielen. Die Dienste, die sie leisten können, stehen im Verhältnis zu der guten Richtung, die sie ihren Fähigkeiten geben; denn diejenigen, die einen falschen Weg genommen haben, schaden dem Anliegen des Spiritismus mehr, als das sie ihm zu nützen. Durch den schlechten Eindruck, den sie machen, verzögern sie manche Bekehrung. Deshalb werden sie über den Gebrauch, den sie von dieser Fähigkeit gemacht haben, die ihnen zum Wohl ihrer Mitmenschen gegeben wurde, zur Rechenschaft gezogen.


Das Medium, das die Unterstützung der guten Geister nicht verlieren möchte, muss stets an seiner eigenen Verbesserung arbeiten. Das Medium, das seine Fähigkeiten wachsen und sich entfalten sehen möchte, muss sich selbst moralisch weiterentwickeln und sich fernhalten von allem, was seine Fähigkeit von der Absicht der göttlichen Vorsehung abbringen könnte.


Wenn die guten Geister sich manchmal unvollkommener Werkzeuge bedienen, so geschieht dies, um gute Ratschläge zu geben und zu versuchen, diese zum Guten zurückzuführen; aber finden sie verhärtete Herzen vor und wird ihren Ratschlägen kein Gehör geschenkt, entfernen sie sich und die bösen Geister haben dann freie Hand. (siehe Kap. XXIV, Nr. 11 und 12)


Die Erfahrung beweist, dass bei denen - die die Ratschläge, die sie von den guten Geistern bekommen haben, nicht nutzbringend anwenden - die Botschaften, die erst glanzvoll waren, langsam entarten und schließlich im Irrtum, im Geschwätz oder in Lächerlichkeit enden. Dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die guten Geister sich entfernt haben.


Die Unterstützung der guten Geister zu erlangen, die leichtfertigen und lügenhaften Geister fernzuhalten, das muss die Zielsetzung der ständigen Bemühungen eines seriösen Mediums sein. Ohne dies ist die Medialität eine unfruchtbare Fähigkeit, die sogar demjenigen schaden kann, der sie besitzt, weil sie in gefährliche Besessenheit ausarten kann.


Das Medium, das sich seiner Pflicht bewusst ist, schreibt Gott die guten Dinge zu, die es erhält, und ist nicht stolz auf eine Fähigkeit, die ihm nicht gehört und die ihm ja jederzeit weggenommen werden kann. Wenn seine Botschaften Lob verdienen, rühmt es sich nicht deswegen, weil es weiß, dass diese nicht als persönlicher Verdienst anzurechnen sind, und es dankt Gott dafür, den guten Geistern erlaubt zu haben, sich durch seine Person zu offenbaren. Wenn die Botschaften Grund zu Kritik geben, fühlt sich das Medium nicht beleidigt, weil die Botschaften kein Werk seines eigenen Geistes sind. Das Medium sagt sich, dass es kein gutes Werkzeug war und dass es nicht alle notwendigen Eigenschaften besitzt, um sich der Einmischung der bösen Geistern zu widersetzen. Deswegen strebt das Medium danach, diese Eigenschaften zu erwerben und bittet durch das Gebet um die fehlende Kraft.


10. Gebet.


Allmächtiger Gott, erlaube den guten Geistern, mir jetzt bei dieser Mitteilung beizustehen Bewahre mich: – vor der Anmaßung, mich vor den bösen Geistern geschützt zu glauben – vor dem Hochmut, der mich über den Wert der erhaltenen Botschaften täuschen könnte – und vor allen Gefühlen, die der Nächstenliebe gegenüber anderen Medien widersprechen. Falls ich zu Fehlern verleitet werde, inspiriere irgendjemandem den Gedanken, mich zu warnen, und mir die Demut, die mich diese Kritik auch dankbar annehmen lässt, und dass ich erkenne, dass die Ratschläge, die die guten Geister erteilen, für mich selbst und nicht für die andern gedacht sind.


Falls ich zu irgendeinem Missbrauch meiner Fähigkeit, die DU mir gewährt hast, verführt würde oder eitel darauf wäre, so bitte ich DICH, mir diese zu entziehen, bevor sie mich von dem Ziel der Vorsehung, nämlich dem Wohl aller und meinem eigenen moralischen Fortschritt zu dienen, abbringen kann.